Auch in Europa sind Flüchtlinge vor religiös motivierter Gewalt nicht sicher. Immer wieder kommt es zu Übergriffen in Flüchtlingsunterkünften. Im Ramadan verschärft sich dieses Problem.
Eine Studie des Hilfswerks „Open Doors“, die Anfang Mai 2016 präsentiert wurde, sprach von bis zu 40.000 nicht-muslimischen Flüchtlingen in Deutschland, die drangsaliert worden sind. Die Vergehen reichen dabei von Mobbing, Diskriminierung und Drohung, bis zu Körperverletzung und sexuellen Übergriffen.
Die Übergriffe gehen von anderen Flüchtlingen und von muslimischem Personal – Security, Leitung, Übersetzer aus.
In Österreich wird die Suppe nicht ganz so heiß gegessen wie in Deutschland. Es gibt weniger Unterkunftspersonal, das selbst muslimisch ist; und die Unterkunftsleitung reagiert meist schnell auf Vorkommnisse. Dennoch wird berichtet von Mobbing, Hinausdrängen aus der Küche oder anderen Gemeinschaftsräumen, Druck den Ramadan einzuhalten, Drohungen, Erschweren des Bibellesens. Auch wenn Drohungen keine tatsächlichen Konsequenzen haben, sind ihre psychischen Konsequenzen verheerend für Menschen, die bereits traumatisiert sind. Vorwiegend betroffen sind Christen und insb. Konvertiten. Wer sich untertags während des Ramadan in der Gemeinschaftsküche sein Essen zubereitet, wird zur Zielscheibe.
Ein ehrenamtlicher arabisch-sprechender Flüchtlingshelfer schreibt über die beiden Flüchtlinge E (17) und W (19) aus Syrien: „Sie mussten ständig ihre persönlichen Gegenstände unter ihrem Kopfpolster verstecken, hatten Angst, dass man ihn etwas stiehlt. Alle anderen, islamischen Mitflüchtlinge haben sie aufgefordert, mitzubeten. Oft mussten sie sich anhören, wie falsch der christliche Glaube sei, dass sie ihre Familie und ihren Glauben verlassen und zum Islam wechseln sollen. Sie mussten Schlägerei ertragen, wenn sie ihren Glauben verteidigt haben. Man hat ihnen vorgeworfen, ihr Glaube sei falsch und sie seien ungläubig. Man quälte sie mit Predigten von Mulla. Einmal sagte mir Eliou, dass er nicht mehr gewusst hat, was falsch und was richtig ist, und dass sie vielleicht ja Recht hätten.
Diese Missstände wurden dem Jugendamt gemeldet und bald darauf konnte eine Familie gefunden werden, die sie aufnahm. Mit den richtig gesetzten Schritten war der Albtraum vorbei.“
Es ist inakzeptabel, dass Menschen aufgrund ihres religiösen Bekenntnisses bedroht oder diskriminiert werden. Daher möge sich die Wiener Stadtregierung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen des Bundes umgehend für einen verstärkten Schutz der Menschen vor religiös motivierter Gewalt insbesondere in Flüchtlingsunterkünften einsetzen und dabei folgende Aspekte berücksichtigen:
• Erfassung der Religionszugehörigkeit von Flüchtlingen bereits in den Erstaufnahmezentren – Beachtung bei der Zimmeraufteilung
• Beachtung der speziellen Schutzwürdigkeit von Christen und anderen Angehörigen religiöser Minderheiten aus den Kriegsgebieten im Nahen Osten
• Ausbau des Aus- und Fortbildungsangebots für Polizeikräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie des Sicherheitspersonals (private Sicherheitskräfte) im Bereich Deeskalation und Konfliktbewältigung von religiös motivierten Konflikten
• Bewusstes Streben nach einem ausgewogenen Verhältnis in ethnisch religiöser Hinsicht von Flüchtlingen, Betreuungs- und Sicherheitspersonal sowie Übersetzerinnen und Übersetzern in den Erstaufnahmezentren; im Fall von religiös motivierter Voreingenommenheit und/oder Übergriffen sind die handelnden Personen umgehend von ihrer Aufgabe zu entbinden
• Sammlung von anonym erhobenen religiös motivierten Vorfällen
• Aktiver Schutz von Whistleblowern
• Entfernung von religiösen Eiferern aus den Unterkünften
• Abschiebung von gewalttätigen Personen
• Unterstützung bei der Akquisition von Privatunterkünften für verfolgte Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten
• Für den Fall, dass die zuvor beschriebenen Maßnahmen sich als nicht ausreichend erweisen sollten, ist als Ultima Ratio die vorübergehende Schaffung von separaten Unterkünften für verfolgte Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten anzustreben und umzusetzen.
(Rede gehalten am 27. Juni 2016)
Großartig und vorbildlich die Bemühungen zum Schutz von Christen und anderen religiösen Minderheiten vor den islamisch-motivierten Repressionen!