Bei meiner Angelobung im Wiener Gemeinderat wollte ich den Zusatz “so wahr mir Gott helfe” verwenden. Dann las ich in der Wiener Stadtverfassung: “Ein Gelöbnis mit Zusätzen gilt als verweigert” – die Folge wäre der sofortige Mandatsverlust. Die Rechtsprofessoren, die die Stadtverfassung kommentieren, meinen, dass die religiöse Formel entgegen dem Wortlaut der Verfassung dennoch zulässig ist. Eine unsichere Rechtslage, die für zukünftige Mandatare geklärt werden sollte. Darum stellte ich im Jänner 2017 mit meinem Kollegen Wolfgang Ulm folgende Anfrage:
ANFRAGE:
Wie in allen Landtagen und im Nationalrat ist das Gelöbnis der gewählten Mandatare aud die Republik bzw. das jeweilige Bundesland, die Beachtung der Gesetze sowie die Erfüllung der aufgrund des Mandats erwachsenen Pflichten wichtiger Bestandteil des Selbstverständnisses unserer Republik und des Abgeordnetenmandats an sich.
Viele Landesverfassungen wie auch die österreichische Bundes-Verfassung sehen für den geloben-den Mandatar die explizite Möglichkeit einer Beifügung einer religiösen Beteuerung.
§ 19 Wiener Stadtverfassung regelt das Gelöbnis in Wien für die Mitglieder des Gemeinderates, wel-che auch zugleich Landtagsabgeordnete sind. Speziell § 19 Abs. Abs. 3 Wiener Stadtverfassung untersagt ein „Gelöbnis unter Bedingungen oder mit Zusätzen“.
Gelöbnis der Mitglieder des Gemeinderates, Disziplinarkollegium
§ 19
(1) Jedes Mitglied des Gemeinderates hat über Namensaufruf durch die Worte „ich gelobe“ der Republik Ös-terreich und der Stadt Wien unverbrüchliche Treue, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie gewissenhafte Er-füllung seiner Pflichten zu geloben.
(2) Von später eintretenden Mitgliedern wird die Angelobung bei ihrem Eintritt geleistet.
(3) Ein Gelöbnis unter Bedingungen oder mit Zusätzen gilt als verweigert.
(…)
Die Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung legen somit auf den ersten Blick nahe, dass eine reli-giöse Beteuerung für Wiener Abgeordnete nicht erlaubt sei, im Kommentar zur Wiener Stadtverfas-sung heißt es in diesem Zusammenhang jedoch: „Unter Bedingungen und Zusätzen sind nur solche zu verstehen, die den Inhalt des Gelöbnisses verändern, sodass auch ohne besondere Ermächtigung, wie sie etwa in Art 62 Abs 3 B-VG für die Angelobung des Bundespräsidenten vorgesehen ist, die Anfügung einer religiösen Beteuerung zulässig ist.“ [Cech/Moritz/Ponzer, Die Verfassung der Bundes-hauptstadt Wien, 2. Auflage, 37, FN1]
Die Möglichkeit einer Beifügung einer religiösen Beteuerung ist nicht explizit in den gesetzlichen Best-immungen verankert, sondern es gibt nur eine Erläuterung in einen Kurzkommentar zur Wiener Stadt-verfassung. Eine Klarstellung wäre daher hilfreich.
Die gefertigten Abgeordneten stellen daher gem. § 31 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien folgende
Anfrage:
1. Ist beim Gelöbnis eines Mitglieds des Wiener Gemeinderates gem. § 19 Wiener Stadtverfas-sung die Beifügung einer religiösen Beteuerung (z.B. „so wahr mir Gott helfe!“) zulässig?
2. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Möglichkeit einer religiösen Beteuerung auch expli-zit in der Wiener Stadtverfassung verankert wird?
a. Wenn ja, wann werden die legistischen Maßnahmen ergriffen?
b. Wenn nein, warum nicht?
Wien, 17.01.2017