Aus den Zuschriften, die ich rund um das Asylwesen und insbesondere das BFA bekommen, ist mir aufgefallen, dass immer wieder Wiener Neustadt genannt wird. Man berichtet von unmenschlicher und erniedrigender Behandlung der Asylwerber, sowie besonders abfällig formulierten Bescheiden. Dies schlug auch bereits mehrfach medial auf. Deshalb richtete ich Anfang Juni 2018 einen Brief an den Direktor des Bundesasylamts, mit der Bitte, den Vorwürfen auf den Grund zu gehen und die Situation dort zu bereinigen.
Unter anderen wurden mir folgende Begebenheiten vorgelegt:
Aussage eines Betroffenen nach einem Interview: Der Betroffene berichtete unter Tränen, dass das Interview acht Stunden gedauert hat und er nur „angeschrien“ wurde und ihm nichts geglaubt wurde. Ständig wurde ihm unterstellt „nur zu lügen“. Er war immer wieder nahe am Weinen. Ihm wurde bei dem Verfahren auch das Original seiner Heiratsurkunde abgenommen und ihm wurde weder eine Kopie davon noch eine Bestätigung mitgegeben, dass sein Dokument beim BFA aufliegt.
Bericht der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK): Im letzten Wahrnehmungsbericht aus dem Vorjahr äußerte der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) seine Beobachtung, dass „die BFA-Außenstelle Wiener Neustadt restriktiver vorgehe als andere. So würde dort für eine Stellungnahme zur Einvernahme vor der Behörde nur eine siebentägige Frist eingeräumt. Das sei unverhältnismäßig kurz, der ÖRAK ortet sogar eine Verletzung des Grundsatzes auf Parteiengehör“.[1]
Einschätzung einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin: „Es ist allerorts bekannt, dass beim BFA in Wiener Neustadt Methoden angewandt werden, die absolut rechtswidrig sind. Auch in den sozialen Organisationen bis nach Wien ist bekannt, dass in Wiener Neustadt ganz schlimm mit den Schutzsuchenden umgegangen wird! Es werden jetzt auch Verfahren von Wien nach Wiener Neustadt verlegt, weil dort alles so rasch abgehandelt wird.“
Medienbericht / Wortlaut eines Bescheids: Die Einschätzungen über die anscheinend unsaubere Vorgehensweise im BFA Wiener Neustadt kam kürzlich auch medial zur Sprache, nachdem ein negativer Bescheid gegen einen Konvertiten, ausgestellt durch das BFA Wiener Neustadt, in höchst polemischem Tonfall veröffentlicht wurde, in dem es unter anderem über die Rechte der Frauen in Afghanistan heißt: „Völlig an den Haaren herbeigezogen sind Ihre Behauptungen, dass Frauen im Islam keine Rechte hätten. Es ist bekannt, dass in Afghanistan Frauen nahezu in allen Berufen tätig sind. (…) Davon, dass dort die Frauen keine Rechte hätten, kann keine Rede sein.“[2] Der Übertritt zum Christentum wird in dem Bescheid als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet und mit den Worten kommentiert: „Die Kirchenaustrittsquoten sind hoch, Skandale in der Kirche kommen immer wieder vor. Ein guter Mensch kann man auch sein, ohne einer Kirche anzugehören.“[3] Während das Innenministerium in diesem spezifischen Fall angekündigt hat, die erforderlichen behördeninternen Maßnahmen zu ergreifen, scheint es, dass die Problematik im BFA Wiener Neustadt über diesen Einzelfall hinausgeht.
[1] Siehe, Kurier (07.02.2018) https://kurier.at/politik/inland/asylverfahren-jeder-dritte-negativbescheid-ist-falsch/309.938.604
[2] Vgl. https://derstandard.at/2000080436561/Hoehnischer-Ton-in-Asylbescheid-sorgt-fuer-Kritik?ref=article, Absatz 1
[3] Vgl. ebed. Absatz 3
Danke für dein mutiges Engagement und dein besonnenes Aufzeigen von Fakten.