Der 27. 1. ist der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts. Das Parlament gedachte in der Gedenk- und Erinnerungsveranstaltung in besonderer Weise Frauen im Widerstand. Unter dem Titel “… den Vormarsch dieses Regimes einen Millimeter aufgehalten zu haben …” las Schauspielerin Ursula Strauss aus Briefen von Frauen vor, die im Widerstand gekämpft hatten. Besonders bewegend darunter war ein Brief von Schwester Anna von Königsegg, die beim Salzburger Gauleiter Fürsprache für ihre Patienten hielt und an seine Menschlichkeit appellierte. Dadurch rettete sie viele ihrer Patienten vor der Euthanasie.
Meine persönliche Heldin aus dem Widerstand ist Sophie Scholl, die aufgrund ihres Engagements in der Widerstandgruppe Weiße Rose im jungen Alter von 21 Jahren von den Nazis zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.
Von ihrer letzten Begegnung mit ihren Eltern und ihrem Tod ist folgender bewegender Bericht ihrer Schwester Inga erhalten:
Darauf wurde Sophie von einer Wachtmeisterin herbeigeführt. Sie trug ihre eigenen Kleider und ging langsam und gelassen und sehr aufrecht. (Nirgends lernt man so aufrecht gehen wie im Gefängnis.) Sie lächelte, als schaue sie in die Sonne. Bereitwillig und heiter nahm sie die Süßigkeiten, die Hans abgelehnt hatte: “Ach ja, gerne, ich habe ja noch gar nicht Mittag gegessen”. Es war eine ungewöhnliche Lebensbejahung bis zum Schluß, bis zum letzten Augenblick. Auch sie war um einen Schein schmaler geworden, aber ihre Haut war blühend und frisch – das fiel der Mutter auf wie noch nie -, und ihre tiefrot und leuchtend.
“Nun wirst du also gar nie mehr zur Tür hereinkommen”, sagte die Mutter. “Ach, die paar Jährchen, Mutter”, gab sie zur Antwort. Dann betonte auch sie, wie Hans, fest und überzeugt: “Wir haben alles, alles auf uns genommen”; und sie fügte hinzu: “Das wird Wellen schlagen”. Das war in diesen Tagen ihr großer Kummer gewesen, ob die Mutter den Tod gleich zweier Kinder ertragen würde. Aber nun, da sie so tapfer und gut bei ihr stand, war Sophie wie erlöst. Noch einmal sagte die Mutter: “Gelt, Sophie: Jesus”. Ernst, fest und fast befehlend gab Sophie zurück: “Ja, aber du auch”. Dann ging auch sie – frei, furchtlos, gelassen. Mit einem Lächeln im Gesicht.
Kurz vor ihrer Hinrichtung werden Sophie Scholl, Hans Scholl und Christoph Probst durch Vermittlung der Gefängniswärter noch einmal zusammengeführt. Gemeinsam rauchen sie ihre letzte Zigarette.
“Es waren nur ein paar Minuten, aber ich glaube, es hat viel für sie bedeutet”.
“Ich wußte nicht, daß Sterben so leicht sein kann”, sagt Christl Propst.
Und dann: “In wenigen Minuten sehen wir uns in der Ewigkeit wieder”.
Dann wurden sie abgeführt, zuerst das Mädchen. Sie ging, ohne mit der Wimper zu zucken. Wir konnten alle nicht begreifen, daß so etwas möglich war. Der Scharfrichter sagte, so habe er noch niemanden sterben sehen. Und Hans, ehe er sein Haupt auf den Block legte, rief laut, daß es durch das ganze Gefängnis hallte: “Es lebe die Freiheit”
(Inge Aicher-Scholl, Die Weisse Rose, S. 64).