10. September – Tag der Suizidprävention
10. September 2025
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Warnung: Dieser Beitrag enthält Inhalte zu Suizid und assistiertem Suizid. Sollten Sie sich selbst in einer Krise befinden, wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge unter 142 (rund um die Uhr, kostenlos). Weitere Hilfsangebote finden Sie am Ende des Beitrags.

Das öffentliche Sterben von Niki Glattauer hat uns in den vergangenen Wochen bewegt. Möge er in Frieden ruhen. Viele Beobachter haben die mediale Begleitung dieses Ereignisses zu Recht als medienethisch problematisch bezeichnet. Denn Suizid ist immer ein zutiefst sensibles Thema – auch dann, wenn es um den assistierten Suizid geht. Journalistische Verantwortung muss besonders ernst genommen werden, wenn es um Leben und Tod, um Identifikationsfiguren, Signalwirkungen sowie um das Risiko der Bagatellisierung und Nachahmung geht. Bisher haben österreichische Medien mit großer Sorgfalt darauf geachtet, Suizidberichte so zu gestalten, dass Nachahmung verhindert wird – eine Praxis, die konsequent fortgeführt werden muss.

Jährlich sterben weltweit über 700.000 Menschen durch Suizid. In Österreich sind es dreimal so viele wie Verkehrstote. Diese Realität zeigt: Suizid ist ein sensibles Thema, das höchste Verantwortung im Umgang verlangt. Suizidprävention wird nicht durch Salonfähigkeit des assistierten Suizids erreicht. Vielmehr addieren sich diese Fälle zu den „herkömmlichen Suiziden“. Die Forschung zeigt klar: Je leichter der Zugang, desto stärker sinkt die Hemmschwelle. Gleichzeitig steigt der Druck auf Betroffene, diese Option zu wählen, um Angehörige nicht zur Last zu fallen. So droht die Erosion gesellschaftlicher Solidarität: Anstatt Beziehungen und Fürsorge zu stärken, etabliert sich der „sozial verträgliche Frühtod“ als Option – und wird durch solche mediale Darstellung weiter normalisiert.

In der aktuellen Berichterstattung fehlten Stimmen der Hoffnung und Solidarität, etwa aus der Hospiz- und Palliativmedizin oder der Suizidprävention, ebenso wie Hinweise auf die Vielzahl an Hilfsangeboten.

Die Beispiele Niederlande und Belgien zeigen, dass Grenzen nicht halten: Assistierter Suizid und Euthanasie wurden dort Schritt für Schritt ausgeweitet und zunehmend als gesellschaftliche Normalität akzeptiert. Damit verschiebt sich die Wahrnehmung: Krankheit, Alter oder gar „Unproduktivität“ werden immer häufiger als Gründe für den „logischen“ Zugang zu einem assistierten Suizid verstanden. Dies verstärkt den Druck auf Menschen, die sich in einer leistungsorientierten Gesellschaft ohnehin als Belastung empfinden.

„Ich habe viele Fälle gesehen, in denen ein gewichtiger Teil des Leidens darin bestand, dass Patienten dachten: Ich bin eine Last für meine Angehörigen“, sagte Prof. Dr. Theo Boer, der zehn Jahre lang im niederländischen Euthanasie-Kontrollausschuss über 4.000 Fälle mitentschied. Auch Dipl.-Ing. Helmut Strobl, ehem. Obmann des Hospizvereins Steiermark, betont: „Das Verlangen nach Sterbehilfe ist überhaupt nur der Wunsch nach Beendigung eines menschenunwürdigen Zustandes – und in Wirklichkeit nicht der Wunsch, tatsächlich zu sterben.“

Unser Ziel bleibt es, gemeinsam mit allen relevanten Akteuren eine Gesellschaft zu gestalten, in der Menschen „an der Hand, nicht durch die Hand eines anderen“ sterben.

 

Dazu lesenswert: https://www.diepresse.com/20065026/wie-assistierter-suizid-gesellschaft-und-medien-veraendert

 

Ansprechstellen:

  • Telefonseelsorge: 142 – rund um die Uhr erreichbar
  • Ö3 Rotes Kreuz Kummernummer: 116 123 – täglich zwischen 16-24 Uhr erreichbar
  • Männernotruf: 0800 246 247 – rund um die Uhr erreichbar
  • Männerinfo:  0800 400 777 – rund um die Uhr erreichbar
  • Frauenhelpline: 0800 222 555 – rund um die Uhr erreichbar
  • Kriseninterventionszentrum: 01 / 406 95 95 – erreichbar Mo-Fr zwischen 10-17 Uhr
  • Rat auf Draht: 147 – rund um die Uhr erreichbar; vor allem für Jugendliche
  • Kindernotruf:  0800 567 567 – rund um die Uhr erreichbar
  • Amike-Telefon der Diakonie (für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund in Farsi, Arabisch, Deutsch, Englisch und Russisch, beschränkte Telefonzeiten) +43 1 343 01 01

 

Weitere Artikel: Kugler: Suizid ein drängendes Problem – Zur Sache

OTS: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20250910_OTS0098/kugler-suizidpraevention-staerken-assistenz-zum-leben-statt-assistenz-zum-sterben

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