Zur Lage der Christen in Nigeria
23. November 2025
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Glaubensfreiheit unter Druck: Die Lage der Christen in Nigeria

In Nigeria, einem Land mit über 200 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, gerät das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit zunehmend unter Druck. Laut der Organisation Open Doors sind dort mehr Christinnen und Christen wegen ihres Glaubens Opfer von Gewalt geworden als in jedem anderen Land der Welt.

Am 21. November 2025 attackierten Schützen die St. Mary’s Catholic Primary and Secondary School in Papiri, Niger-Staat (Zentralnigerien), und entführten über 300 Schülerinnen und Schüler sowie 12 Lehrer. Die Angreifer nutzten Motorräder und forderten Lösegeld; eine Schülerin entkam, der Rest ist verschollen.

Politische, oft links-orientierte Stimmen meinen, die Übergriffe gegen Christen in Nigeria nicht religiös- sondern armutsbedingt motiviert wären. Dazu möchte ich festhalten:

  • Mehrdimensionale Konflikte schließen religiöse Motivation nicht aus.
  • Es stimmt, dass Landkonflikte, Armut und Korruption in Nigeria eine Rolle spielen. Doch die Auswahl der Opfer zeigt eindeutig ein religiöses Muster:
    • Dörfer und Gemeinden werden gezielt aufgrund ihres christlichen Glaubens angegriffen, nicht wahllos.
    • Angriffe erfolgen häufig auf Kirchen, während des Gottesdienstes oder an christlichen Feiertagen – das spricht klar gegen eine rein wirtschaftliche oder politische Motivation.
    • Islamistische Gruppen wie Boko Haram und ISWAP erklären in ihren eigenen Botschaften offen, dass sie Christen töten oder vertreiben wollen, um eine islamische Ordnung zu errichten. Nach den Weihnachtsanschlägen 2011 erklärte Boko Haram öffentlich, sie wolle alle Christen aus dem Norden Nigerias vertreiben.
    • Die rechtliche und gesellschaftliche Benachteiligung zeigt systematischen Charakter.
      • In den zwölf nördlichen Bundesstaaten mit Scharia-Gesetzgebung erleben Christen strukturelle Diskriminierung: keine Genehmigungen für Kirchen, Benachteiligung bei Bildung, Justiz und Beschäftigung.
      • Diese Diskriminierung schafft ein Klima der Straflosigkeit – Gewalt gegen Christen bleibt fast immer ungesühnt.

(Quellen: Kirche in Not, Länderprofil Nigeria; USCIRF Annual Report 2024)

Zahlen, die alarmieren:

  • Zwischen Oktober 2022 bis September 2023 wurden etwa 118 Christen getötet allein in Nigeria. Die Dunkelziffer ist weit höher.
  • Ein Bericht der nigerianischen Menschenrechts-NGO International Society for Civil Liberties and the Rule of Law meldete für die ersten etwa sieben Monate des Jahres 2025 rund 000 getötete Christen und über 7.800 Entführte!
  • Laut Open Doors zählen mehr als 16,2 Millionen Christen in Subsahara-Afrika zu den durch Gewalt Vertriebenen. Nigeria ist davon erheblich betroffen.

Doch hinter diesen Zahlen stehen Menschen: Familien, Dorfgemeinschaften, Kirchen. Gotteshäuser, Schulen und Wohnhäuser werden geplündert oder niedergebrannt; Menschen verschleppt, Frauen und Kinder Opfer von Missbrauch und Zwangskonversion. Die Gewalt trifft nicht nur einzelne, sondern zielt auf das soziale und kulturelle Gefüge christlicher Gemeinden.

Schwierige Situation in Nigeria: Nigeria ist religiös und ethnisch vielfältig

Christinnen und Christen und Muslime machen jeweils knapp die Hälfte der Bevölkerung aus. Die Verfassung garantiert zwar Religionsfreiheit, doch in der Realität ist sie für viele Christen nicht gewährleistet – vor allem in den nördlichen Bundesstaaten, in denen seit 1999 die Scharia auch im Strafrecht gilt und in denen es Berichte über Benachteiligung, Druck zur Konversion und Einschränkungen beim Bau von Kirchen gibt. Seit 2009 terrorisiert zudem die islamistische Miliz Boko Haram den Nordosten des Landes mit Anschlägen, Entführungen und gezielten Angriffen auf christliche Gemeinden und auf Bildungseinrichtungen – berüchtigt wurde die Entführung von 276 Schülerinnen in Chibok im Jahr 2014. Hinzu kommen Angriffe durch ISWAP und bewaffnete Fulani-Milizen, besonders in der zentralen Mittelgürtel-Region („Middle Belt“), wo religiöse Spannungen, Landkonflikte und Klimawandel aufeinanderprallen. Laut „Kirche in Not“ fordern diese Übergriffe jedes Jahr Hunderte Tote, ganze Dörfer werden vertrieben, oftmals ohne Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Obwohl Nigeria formal eine föderale Demokratie ist, schwächen Korruption, Machtmissbrauch und fehlender Schutz durch den Staat das Vertrauen in die Behörden. Millionen Menschen sind auf der Flucht, Schulen bleiben geschlossen, Kinder werden sogar als Druckmittel missbraucht. Sicherheit und Gerechtigkeit bleiben für viele Betroffene außer Reichweite.

Unsere Verantwortung

Wir dürfen nicht schweigen, wenn andere wegsehen. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist kein Sonderrecht, sondern sie ist ein unverzichtbarer Teil der universellen Menschenrechte. Was in Nigeria geschieht, verlangt nach mehr als Betroffenheit: Es braucht entschlossenes Handeln auf politischer, medialer und gesellschaftlicher Ebene. Nur wenn Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und offen benannt werden, können staatliche und internationale Schutzmechanismen greifen. Politik, Medien und Zivilgesellschaft tragen gemeinsam Verantwortung, ein Klima der Aufmerksamkeit zu schaffen, das religiös motivierte Gewalt weder relativiert noch übersieht. Glaubens- und Gewissensfreiheit darf nicht am Rand stehen, sondern muss als zentrales Anliegen verstanden werden, als Prüfstein für den Zustand der Menschenrechte insgesamt.

Weitere Informationen:

Christenverfolgung in Nigeria – KIRCHE IN NOT

Nigeria · Im Dienst der verfolgten Christen weltweit · Open Doors

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