Aktuelle Probleme im KAV – meine Rede zur Novelle des Wiener Krankenanstaltengesetzes am 23.10. 2017.
Wesentliche Inhalte der Novelle finden wir positiv (*). Nicht gut finden wir:
- die Regelung der fachärztlichen Rufbereitschaft in Standard-, Schwerpunkt- und Zentralkrankenanstalten, Sonderkrankenanstalten, Pflegeanstalten für chronisch Kranke sowie in dislozierten Wochenkliniken
- und die Schaffung der Möglichkeit der Änderung bzw. Zurücknahme von Errichtungsbewilligungen, wenn die Festlegungen des Wiener Krankenanstaltenplanes geändert werden
Wir können außerdem nicht zustimmen, solange noch so viele Missstände offen sind. Dazu hier ein paar Beispiele:
- Arbeitsverträge für Ärzte
Fachärzte, die neu im KAV angestellt werden, bekommen lediglich einen 1-Jahresvertrag, unabhängig von ihrem Lebenslauf, der Familiensituation oder Empfehlungen.
Nach dem 1-Jahresvertrag muss erneut vom Abteilungsvorstand um eine Verlängerung der Anstellung angesucht werden, der Arzt selbst kann gar nichts dazubeitragen, ausser sich möglichst gut mit seinem Chef zu stellen, damit dieser ihn auch verlängern will.
In der Regel muss zweimal um Verlängerung angesucht werden, so dass ein Facharzt erst nach 3 Jahren Anstellung einen Dauervertrag bekommt.
- Anerkennung von Vordienstzeiten
Vordienstzeiten eines Facharztes werden vom Magistrat 2 nur anerkannt, wenn es sich dabei um Arbeitsverhältnisse zur einer “Gebietskörperschaft, oder einem Gemeindeverband oder einer solchen entsprechenden juristischen Person öffentlichen Rechts” handelt.
Die Gesamtheit der Arbeitsjahre als Arzt muss für die Gehaltseinstufung geltend gemacht werden können!
- Überstundenregelungen
Ober- oder Facharzt müssen eine Überstunde zunächst bei ihren direkten Vorgesetzen bzw. dem Chefsekretariat melden, damit diese erlaubt wird. Erst dann darf man sie überhaupt antreten.
Ein Arzt schreibt mir: „Da es keine elektronische Erfassung der wirklichen Anwesenheit gibt und ein generelles Misstrauen, man würde, wenn man länger bliebe oft gar nichts arbeitsrelevantes mehr tun, wurde diese Regel eingeführt und führt dazu, dass praktisch kaum Überstunden registriert, geschweige denn ausgezahlt werden. An keinem meiner vorherigen Arbeitgeber national und international habe ich so etwas erlebt, bin derartig in einem Misstrauen angestellt gewesen. Ein medizinischer Notfall oder eine akut hohes Patientenaufkommen in der Ambulanz brauch ich nicht erst vom Chef bestätigt bekommen, bevor ich mich darum kümmere.“
- Primararztbesetzungen
Beziehungen zu vielen in der Generaldirektion – nach Leistung besetz werden und das sollte auch personelle Leistungen beinhalten
- Übernahme von Fortbildungskosten und Arbeitsmittel
So sagt ein Arzt: “Es ist einfacher, einen neuen Schreibtisch für das Arztdienstzimmer zu bestellen, als eine Fortbildung rückerstattet zu bekommen!” Für die Bewilligung einer Fortbildung muss Sonderurlaub beantragt werden, der nur mit der Zustimmung des Abteilungsvorstandes bewilligt wird. Die Kosten der Fahrt und Teilnahmegebühren müssen vorgestreckt werden und können höchstens beim Felix Mandl Fonds eingereicht werden, wo sie mit maximal 3000,- Euro pro Jahr pro Person ausgeschöpft werden können.
- Fehlstrukturierung der Ambulanzen
Das größte Problem sind zu wenige Sekretärinnen und deren Qualifikationen. Es fehlen eigentlich Medizin-Manager oder Arzt-Assistenten, die insbesondere Terminplanungen, Telefonberatung und Dokumentenverwaltung (inklusive Bildverarbeitung) übernehmen. Das machen bis dato alles Ärzte und Pflegepersonal.
Weiterhin gehört eine Ambulanz heute mit einem Triage-System geführt, dafür fehlen seit Jahren Räumlichkeiten und eine entsprechende Schulung von Pflege und Ärzten. Auch das Anmeldesystem ist veraltet und unübersichtlich.
7. Außerdem möchte ich noch die Situation von Schwangeren in Konfliktschwangerschaften ansprechen:
Helfen statt Strafen? Hier möchte ich die SPÖ beim Wort nehmen! Stattdessen fühlen sich viele Frauen allein gelassen. Auch die Dimension des ungeborenen Kindes dürfen wir nicht außer Acht lassen!
Darum schlage ich heute ein Unterstützungspaket für Schwangere in Krisensituationen vor mit entsprechenden Maßnahmen:
- Entgegenkommen in der Reihung von schwangeren Frauen in Krisensituationen beim Sozialen Wohnbau
- Gesonderter Einrichtungszuschuss für sozial bedürftige Schwangere
- Kostenfreie Entbindung für nicht-versicherte Frauen auch in Krankenhäusern des KAV
- Erstellung einer Informationsbroschüre für Schwangere in Konfliktsituationen aus, die Möglichkeiten und Alternativen, Beratungs- und Hilfsangebote sowie psychologische und psychosoziale Aspekte enthält, und in allen Beratungsstellen der Stadt Wien aufliegen soll. Einsatz für die Einführung einer Cooling off-Phase zwischen Beratung und Schwangerschaftsabbruch.
(hier der Antrag: https://gudrunkugler.at/antrag-auf-unterstuetzung-fuer-schwangere-in-krisensituationen/)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(*)
- Verankerung militärischer Krankenanstalten als eigene Kategorie von Krankenanstalten
- Schaffung einer umfassenden und einheitlichen Regelung bezüglich der Mitnahme von Assistenz- und Therapiehunden in Krankenanstalten
- Festlegung der Verpflichtung für Träger von Krankenanstalten, die über den Wiener Gesundheitsfonds abgerechnet werden, eine ausreichende Zahl an Ausbildungsstellen für die Ausbildung zur Ärztin bzw. zum Arzt für Allgemeinmedizin zur Verfügung zu stellen
- Einbringung des Angehörigenkostenbeitrages gemäß § 447f Abs. 7 ASVG im öffentlichrechtlichen Verwaltungsweg
- Schaffung von Regelungen für die transparente Abwicklung klinischer Studien in Städtischen Krankenanstalten, die keine Universitätskliniken sind