Die tragische und kaum bekannte Geschichte der Abstaller
16. November 2020
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Vor dem Lockdown war ich auf Besuch in Bad Radkersburg. Eine wunderschöne kleine Stadt! Beim genaueren Hinsehen findet man dann aber einige traurige Kapitel in ihrer Geschichte, die für mich als Vertriebenensprecherin von großer Relevanz sind:

Nach dem Friedensvertrag von St Germain 1918 wurde Bad Radkersburg an das „Königreich SHS der Serben, Kroatien und Slowenen“ angeschlossen. Der Widerstand der Bevölkerung führte zu Kampfhandlungen und schließlich einem Abtausch mit dem südlich der Mur gelegenen Abstaller Feld, der heutige slowenische Gemeinde Apače. Bad Radkersburg kam zu Österreich, das Abstaller Becken, mitsamt seiner großteils deutschsprachigen Bevölkerung, zum Königreich SHS.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs folgten Ressentiments gegen die deutschsprachigen Abstaller (egal, ob einstige Nazi-Sympathisanten oder nicht), welche 1946 schließlich in einer Tragödie gipfelte, so von Wikipedia zusammengefasst: „Am 13. Jänner 1946 wurden die deutschstämmigen Untersteirer, welche den Hinrichtungskommandos der Tito-Partisanen entkommen waren und unterschiedliche Lager überlebt hatten, aus ihrer Heimat vertrieben und deportiert. Nachdem die britische Besatzungsmacht die Grenze gesperrt hatte, konnten die ca. 2500 Abstaller nicht über natürliche Mur-Grenze nach Österreich vertrieben werden. Deshalb sollten die unerwünschten Deutschsprachigen durch das russisch besetzte Ungarn in das von den Vierermächten besetzte Wien transportiert werden. Zuerst mit Lastwägen nach Oberradkersburg gebracht, penibel perlustriert und in dort bereit stehende Viehwaggons gepfercht, die von außen verriegelt wurden. Die Zugfahrt ging über Kroatien zum Grenzbahnhof Murakeresztúr, Südungarn, mit dem Ziel Wien. Diese wurden aber von den Alliierten abgelehnt, da das Tito-Regime nicht berechtigt war, Personen zu vertreiben oder auszusiedeln. Die Züge mussten Österreich wieder verlassen und blieben in Murakeresztúr stehen, weil die Tito-Behörden die Wiedereinreise nach Jugoslawien verweigerten. Auf einem Nebengleis abgestellt kamen 77 Menschen an Hunger und Kälte um und wurden in einem Massengrab beerdigt. Wer überlebte und doch noch nach Österreich kommen konnte, den erwarteten aber harte Zeiten, darunter ein Neustart nach dem Verlust des gesamten Umfelds und Besitzes.“

Wir dürfen die Heimatvertriebenen nun nicht auch noch aus der Geschichte vertreiben! Viele unterschiedliche Landstriche waren nach dem 2. Weltkrieg von ähnlichem Geschehen betroffen, und heute weiß kaum noch jemand davon. Wir müssen uns erinnern, damit so etwas nicht wieder vorkommt!

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2 comments

  1. Den Vertriebenen aus Mähren erging es nicht anders. Auch da gibt es Massengräber. Dort war es kein Waggon, es war eine Scheune. Oder den Brünner Todesmarsch. Lange haben sich die Leute nicht getraut, ihre Herkunft zu deklarieren, aus Angst, als Nazis abgestempelt zu werden. Sie sind mit nichts gekommen, aber sie waren entschieden am Wiedererstehen der Republik Österreich beteiligt. Die Wurzeln meines Vaters sind in einem kleinen Ort, Nähe Nikolsburg. Die Jungen Menschen im Grenzland hier und drüben kennen ihre Geschichte nicht, man hat sie darum betrogen. Ich habe sie meinem Sohn weitergegeben und er wird sie seinen Kindern weitergeben.

    1. Ich weiß. Ich werde in der nächsten Zeit immer wieder über diese Vorkommnisse berichten. Wir müssen dieses Wissen weitergeben! Meine Familie ist auch betroffen (Böhmen).