Die Gemeinde Schwarzenberg im Bregenzerwald unterstützt seit neuestem Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, mit jährlich 300 Euro pro Kind. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin ein Zeichen der Anerkennung für die Leistungen in der Kinderbetreuung. Dadurch wird ersichtlich, dass in Österreich derzeit eine finanzielle Diskriminierung von häuslicher Kinderbetreuung besteht. Während Gebietskörperschaften hohe Summen in frühkindliche Kinderbetreuung investieren, bekommen Familien, die diese nicht in Anspruch nehmen, dafür keinen Ausgleich. Hier werden Kinder und Familien ungleich behandelt!
Man rechtfertigt die Ungleichbehandlung damit, dass insb. Mütter aufgrund der Schwierigkeiten bei einem Wiedereinstieg in den Beruf, nicht dazu verleitet werden sollten, länger zu Hause zu bleiben. Hier ist die Politik aufgerufen, Probleme anzusprechen, den Wiedereinstieg zu erleichtern und den betroffenen Eltern ohne Bevormundung zuzugestehen, die Entscheidung über ihre Lebensgestaltung selbst zu treffen. Dabei heißt die Inanspruchnahme dieser Unterstützung noch nicht einmal, dass man nicht erwerbstätig ist, denn neben der staatlich geförderten gibt es zahlreiche andere Formen der Kinderbetreuung, die derzeit von den Familien privat finanziert werden müssen.
Das Regierungsprogramm sieht vor, echte Wahlfreiheit im Bereich der Kinderbetreuung zu ermöglichen, die „sowohl die Bedürfnisse jener Elternteile berücksichtigen, die sich für einen früheren Wiedereinstieg ins Berufsleben entscheiden, als auch die Bedürfnisse derer abdecken, die sich für eine Kinderbetreuung zu Hause bis zum Kindergarteneintritt entscheiden“. (Absatz 101)
Die Erwerbstätigenquote der 15- bis 64-jährigen Frauen in Österreich stieg von 62,2% (2006) auf 67,7% (2016) und ist damit höher als in der EU insgesamt (61,3%). Teilzeitarbeit sowie Zeiten der häuslichen Kinderbetreuung sollten freiwillig gewählt werden. Das Problem der kinderbedingten weiblichen Altersarmut könnte man z.B. durch eine bessere pensionsrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten oder einer pensionsrechtlichen Aufwertung von familienbedingter Teilzeitarbeit abfedern.
Auch die Problematik des Betreuungsschlüssels in Kinderkrippen darf nicht außer Acht gelassen werden. Ein optimaler Betreuungsschlüssel für die Entwicklung eines Kindes wäre 1:3. Der gesetzlich festgelegte Schlüssel z.B. des Landes Wien ist aber 1:7,5, also eine Betreuungsperson für 7,5 Unter-Dreijährige.
Insgesamt fiel die Abstimmung in Schwarzenberg mit 15:3 deutlich zugunsten der Förderung aus. Ich freue mich darüber. Denn Wahlfreiheit bedeutet nicht allein Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, sondern auch eine frühkindliche Betreuung zu Hause – je nach Wunsch der jeweiligen Familie – zu ermöglichen. Wer ein Baby betreut, soll aus finanzieller Not nicht gezwungen sein, außer Haus einer Erwerbsarbeit nachgehen zu müssen!
Link: http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2898013/
Im Bild: ein Leserbrief in “Die Presse”, März 2018
Update 9. April 2018: Wegen des im Jahr 2004 veränderten Pensionssystems erhalten Frauen, die jahrelang aufgrund der Kindererziehung nicht oder Teilzeit gearbeitet haben, nach der Erwerbstätigkeit nur wenig Geld. Anstatt der „besten 15 Jahre“ bewertet man einen Schnitt aus dem Einkommen aller Arbeitsjahre. Das reißt vorwiegend Mütter in einen finanziellen Abgrund. Dazu im Link ein Beitrag von 8.4. aus „Hohes Haus“/ORF. Was tun? Möglichst schnell nach der Geburt eines Kindes in die Erwerbsarbeit ist ein Weg. Aber die Politik sollte auch andere Wege schaffen – z.B. durch die pensionsrechtliche Anrechnung von familienbedingter Teilzeitarbeit als Vollzeitarbeit. Wir wollen Wahlfreiheit schaffen und Lebenszeit ermöglichen, nicht allein Arbeitskräfte für die Wirtschaft bereitstellen und ins Sozialsystem einzahlen. Das Hamsterrad ist nicht alles im Leben. Link: http://tvthek.orf.at/profile/Hohes-Haus/1264/Hohes-Haus/13972754