Besuch einer hohen Politikerdelegation aus China am 10. Juni: mit dabei Mr. Puncog Qiangba, Vice Chariman of the 12th Standing Committee of the National People’s Congress, der außerdem Präsident der China Society for Human Rights Studies ist. Eine Aussprache mit Vertretern des Menschenrechtsausschusses im österreichischen Parlament ist für eine Stunde anberaumt. Der Delegationsleiter Mr. Qiangba hält zwei Monologe, die jeweils 30 Minuten dauern und in denen er uns erklärt, wie sehr sich China um die Einhaltung der Menschenrechte bemüht. Dabei werden wir österreichischen Abgeordnete laufend fotografiert. Erst fünf Minuten nach Ablauf der Zeit erhalte ich die Möglichkeit, Fragen zu stellen, weil ich darauf bestehe.
Im Folgenden stelle ich die Fragen und Antworten unkommentiert zur Verfügung.* Man möge sich selbst eine Meinung bilden:
Es werden laut Berichten in China mehr Menschen exekutiert als in allen Staaten der Welt zusammen. Was sagen Sie dazu? „Wir drängen die Todesstrafe sukzessive zurück. Wir haben die Todesstrafe von 12 Delikten abgewandt. Es werden derzeit in China nur mehr 46 Delikte mit der Todesstrafe geahndet.“
Wie steht es um die Menschenrechte in der Justiz? „Der (jetzige) Präsident hat entschieden, dass in jedem Verfahren die Gerechtigkeit das oberste Prinzip sein soll.“
Was sagen Sie zu den Berichten über Folterungen in chinesischen Gefängnissen? „Früher gab es bei Befragungen und bei der Beweissuche eine nicht ganz legitime Vorgangsweise.“ „Auch bei euch ist das Folterverbot löchrig, denn in Deutschland gibt es auch Diskussionen, Terroristen zu foltern.“
Wie stehen Sie zu Umerziehung durch Arbeit? „In China ist eine neue Epoche angebrochen. Wir haben die Umerziehung durch Arbeit aufgegeben. Denn da war man aus menschenrechtlicher Sicht geteilter Meinung.“
Wie stehen Sie zu Minderheitenrechten? … lange Erklärung, was alles gut läuft… und abschließend: „Separatismus ist eine rote Linie, er wird von uns bekämpft.“
Warum bringen Sie nordkoreanische Flüchtlinge zurück nach Nordkorea, wenn sie dort Folter und Hinrichtung erwartet? „Das ist auch Teil der medialen Übertreibung. Illegale Migranten müssen zurückgebracht werden.“
Wie stehen Sie zur Religionsfreiheit? „Bei uns gibt es Glaubensfreiheit, aber keine Religionsfreiheit. Wir wollen keine Steuerung aus dem Ausland. Wir haben dazu eine Konferenz mit Vertretern des Islam organisiert. Diese Debatte gibt es ja auch in Europa.“
Kürzlich hat man den online-Verkauf der Bibel verboten. Was sagen Sie dazu? „Die Bibel hat auf Chinesisch die größte Auflage der Welt. Es wird aber nur bestimmten Verlagen erlaubt, sie zu drucken, damit der Erlös wirklich den kirchlichen Institutionen zugute kommt.“
Immer wieder erreichen uns Berichte über Organraub und Organentnahme-motivierte Hinrichtungen. Wie stehen Sie dazu? „Die Organentnahme von Hingerichteten wurde in China vor einigen Jahren verboten.“
Wie sehen Sie das Bonitätssystem aus menschenrechtlicher Sicht (Pönalsystem für unerwünschtes Sozialverhalten, z.B. keine Verwendungen von Fernverkehrszügen für private Schuldner)? „Manche Juristen haben schon überlegt, ob das System im Einklang mit Menschenrechten steht, aber es ist auch klar, dass die absolute Mehrheit der Chinesen für dieses System ist.“
Ist die Staatsanwaltschaft unabhängig? „Die Justiz in China funktioniert. Im letzten Jahr gab es 6542 Korrekturen für Justizbehörden wegen Störung der Arbeit von Rechtsanwälten. Außerdem ist ein Beweis, dass die Justiz funktioniert, dass es im letzten Jahr in China 2300 Freisprüche gab.”
Welche Menschenrechte anerkennen Sie und wer legt sie aus? Mit welchen Internationalen Dokumente sind diese vergleichbar? „Kein Land gleicht einem anderen Land. Das ist auch in menschenrechtlichen Fragen so.“
Es liegen Berichte vor von über 240 inhaftierten Menschenrechtsaktivisten: „Urteile werden bei uns online publiziert. Solch eine Transparenz gibt es in keinem anderen Land der Welt. Bei den genannten Fällen handelt es sich um Kriminalfälle, die die westlichen Medien durch ihre gefärbte Brille als Menschenrechtsfälle präsentieren. Wir verstehen nicht, warum sie das machen.“
(* Hierbei handelt es sich um eine Abschrift meiner persönlichen handschriftlichen Aufzeichnungen, die ich nach meinem besten Wissen und Gewissen angefertigt habe. Sollte ich etwas falsch wiedergegeben haben, tut es mir leid.)
Dieses Treffen nahm ich zum Anlass, mich per Brief an die chinesische Botschaft zu wenden, um die Situation von nordkoreanischen Flüchtlingen anzusprechen, die die chinesische Regierung als Wirtschaftsmigranten bezeichnet und nach Nordkorea zurückbringt:
Brief Abg. Dr. Kugler – Chinesische Botschaft