Auf den beiden Sitzungen des Gemeinderats Ende April stellten Kollegin Ingrid Korosec und ich zwei Anträge betreffend psychische Gesundheit in Wien. Der erste Antrag versucht Abhilfe gegen die Missstände in der Kinderpsychiatrie zu schaffen. Der andere fordert adäquate Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge.
ANTRAG der ÖVP-Gemeinderätinnen Ingrid KOROSEC und MMag. Dr. Gudrun KUGLER, eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 26.04.2016
betreffend Psychiatriereform in Wien – Keine Kinder mehr in der Erwachsenenpsychiatrie!
in Wien sind laut RSG für das Jahr 2020 im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie 106 Betten geplant, aktuell stehen erst 56 Betten davon tatsächlich zur Verfügung. Mit der Inbetriebnahme des KH Nord sollen 30 Betten dazukommen – bis dahin bleibt es dabei, dass Kinder weiterhin auch auf Erwachsenenstationen untergebracht werden können, obwohl dies erwiesenermaßen für die Genesung der jungen Patient/inenn nicht förderlich ist und auch für deren Angehörige eine extreme Belastung darstellt.
Obwohl anerkannte Expert/innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der gemeinderätlichen Untersuchungskommission zur Psychiatrie in Wien im Jahr 2008/2009 mehrfach eindringlich an die politisch Verantwortlichen der Wiener Stadtregirung appelliert haben die Versorgungssituation zu verbessern, waren 2015 nicht weniger als 191 Kinder in Wien, die jüngsten davon waren 12 und 13 Jahre alt, in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht. Dazu kommt, dass es derzeit lediglich sechs niedergelassene Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien mit Kassenvertrag gibt. Dieser Zustand ist unerträglich für eine Weltstadt wie Wien!
Die Österr. Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie gibt zu Recht zu bedenken, dass man derzeit – entgegen den zahlreichen Beschwichtigungen der Wiener Stadtregierung – weit unter der Minimalbettenziffer von 128 Betten liege, und selbst dieser Wert nur dann akzeptabel wäre, wenn es eine ambulante Vollversorgung in Wien gäbe! (OTS vom 19.3.2016)
Als weiteres Hindernis kommt hinzu, dass der Zuschuss der Gebietskrankenkasse zu „Psychotherapie auf Krankenschein“ seit 1992 – also 24 Jahren !!! – bei 21,80 Euro pro Stunde liegt, während andere SV-Träger wie etwa die BVA zumindest 40 Euro gewähren. Die SV der Bauern hat den Betrag Anfang 2016 auf 50 Euro erhöht. Auch diese Ungerechtigkeit muss umgehend beseitigt werden, denn die Versicherten können sich ihre Zugehörigkeit zum SV-Träger bekanntlich nicht selbst aussuchen!
Die gefertigten Gemeinderätinnen stellen daher gemäß § 35 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
Antrag:
Die Frau amtsführende Stadträtin möge sich umgehend für die Realisierung einer Psychiatriereform in Wien einsetzen und dabei konkret folgende Aspekte durch gezielte Maßnahmen zu realisieren:
- Einsetzung einer gemeinderätlichen Psychiatriekommission (analog zur Geriatriekommission, die begleitend zur Umsetzung der Wiener Geriatriereform eingerichtet wurde und über Jahre den Reformprozess begleitet hat)
- Erarbeitung eines „integrativen Psychiatrieplans für Wien für psychiatrisch erkrankte Erwachsene, Kinder und Jugendliche (Überarbeitung alle 5 Jahre), in dem insbesondere die rasche Ausweitung der Kapazitäten für Kinder- und Jugendpsychiatrie unter Einhaltung der im ÖSG festgelegten Kriterien sichergestellt ist
- Ernennung eines Psychiatriekoordinators bzw. einer Psychiatriekoordinatorin, die den Umsetzungsprozess des Psychiatrieplans koordiniert und regelmäßig pro Quartal an den Wiener Gemeinderat über den Fortschritt der Reformbemühungen berichtet
- Umsetzung einer gezielten Imagekampagne durch den Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) zur verstärkten Gewinnung von Fachärzt/innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie für Wien
- Vorlage eines gemeinsam mit der Wiener Ärztekammer und den Sozialversicherungsträgern erarbeiteten Konzepts zur Erhöhung der Anzahl der Kassenstellen im Fachbereich „Kinder und Jugendpsychiatrie“ sowie zur Anhebung des seit 1992 unverändert geltenden Tarifs (für Einzelsitzungen zu 60 Minuten) bei „Psychotherapie auf Krankenschein“ von derzeit 21,80 Euro auf zumindest 50,00 Euro.
- Für alle Maßnahmen zur Psychiatriereform ist im Budget der Gemeinde Wien entsprechend Vorsorge zu treffen
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrags an die amtsführende Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Generationen verlangt.
Antrag der ÖVP-Gemeinderätinnen Ingrid KOROSEC und MMag. Dr. Gudrun KUGLER, eingebracht in der Sitzung des Wiener Gemeinderates am 29.04.2016
betreffend Verbesserung der psychologischen Betreuung von traumatisierten Kriegsflüchtlingen
In Wien wird im Zuge der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus Syrien immer deutlicher sichtbar, dass die Versorgung der geflüchteten Menschen insbesondere im psychologischen Bereich derzeit nur unter großen Einschränkungen erfolgen kann. Es kommt zu langen Wartezeiten bei dringend benötigten Behandlungen wie etwa die Psychologin Nora Ramirez-Castillo, die für das Wiener Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende „HEMAYAT“ arbeitet, berichtet.
Die verspätete Behandlung der kriegsbedingten Traumata führt häufig zu Rückzug und auch zu Schwierigkeiten bei der Integration der Betroffenen. Es ist daher notwendig, die Unterstützung des Vereins HEMAYAT und auch anderer Einrichtungen zu verstärken, damit in Wien lebende Kriegsflüchtlinge rasch die benötigte psychologische Unterstützung zur Bewältigung ihrer traumatischen Erlebnisse bekommen.
Die gefertigten Gemeinderätinnen stellen daher gemäß § 35 der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien folgenden
Antrag:
Die Frau amtsführende Stadträtin möge sich umgehend dafür einsetzen, dass traumatisierte Kriegsflüchtlinge ein adäquates und breit organisiertes Unterstützungsangebot zur Bewältigung der erlittenen Traumata erhalten. In diesem Zusammenhang möge seitens der Stadt Wien sichergestellt werden, dass die Unterstützung bedarfsgerecht abgestuft nach Alter und Art der Traumatisierung bereits ab dem ersten Tag des Aufenthaltes in Wien gewährleistet ist. Weiters ist dafür Sorge zu tragen, dass durch entsprechende Schulungen von Betreuungspersonal in Bildungs- sowie Gesundheitseinrichtungen das frühzeitige Erkennen von Traumatisierungen verstärkt gefördert wird.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrags an die amtsführende Stadträtin für Gesundheit, Soziales und Generationen verlangt.
Wien, 29.04.2016