Viele wenden sich an mich: Helfen wir den Flüchtlingen in Griechenland! Nehmen wir Kinder und Familien auf! Ja, die Menschen sollen nicht mehr leiden! Aber wie soll das gehen? „Nie die Empathie für den einzelnen verlieren, aber immer verantwortlich für das gesamte Handeln!“, sagte Sebastian Kurz. Seit Anfang 2020 bin ich Mitglied des OSCE Parliamentary Assembly Ad Hoc Committee on Migration. Was sollen wir also tun?
Wenn die Grenzen geöffnet werden – und sei es nur einen Spalt! – setzen sich unzählige Migrationswillige in Bewegung. Auf dem Weg werden Menschen sterben und unsägliches Leid erleben. Der UNHCR warnt die Menschen vor einer Migration z.B. durch diese Webseite: http://tellingtherealstory.org/stories/
Wenn wir einzelne aus den Lagern holen, füllen die nächsten ihre Plätze. Einige wenige nach Österreich zu bringen ändert strukturell nichts!
Kinder zu haben – oder kranke Kinder zu haben – als Ticket in die EU ist eine gefährliche Sache: Es gibt Berichte, dass sich Menschen an der Grenze Kindern bemächtigt haben, um in diesen Genuss zu kommen. Und wenn ein Kind für eine Aufnahme krank oder verletzt sein müsste – wer weiß, was so einem Kind dann auch gesehen könnte!
Ein paar Leute aus den Lagern zu holen ist keine Lösung. Denn dort geht das Leiden ja weiter. Viel wichtiger ist es, dass Griechenland Ordnung schafft und die Lebensbedingungen in den Lagern verbessert. Wenn Griechenland dies nicht alleine schafft, dann muss man ihnen organisatorisch helfen. Finanzieller Natur scheint das Problem jedenfalls nicht in erster Linie zu sein! Österreich ist bereit, Griechenland im Aufbau eines funktionierenden Asylsystems sowie humaner Unterkünfte und Versorgung zu unterstützen.
COVID-19 in den Lagern? Die internationale Staatengemeinschaft muss sicherstellen, dass es ausreichend medizinische Hilfe, medizinisches Personal, Schutzmasken sowie Tests auch in den Lagern gibt, und dass es möglich ist, Kranke zu isolieren!
Die Europäische Union muss in der Migrationsfrage stärker auftreten, langfristiger und visionärer denken. Dublin wird jeden Tag gebrochen – es braucht eine Neudefinition! Wir müssen auch ein europäisches Asylsystem konzipieren, das menschenrechtliche Standards einhält und gleichzeitig gerecht und funktionstüchtig ist.
Die Migranten vor den griechischen Grenzen werden von Ministerpräsident Erdogan als politischer Spielball zur Erpressung Europas missbraucht. Wir brauchen gute Zusammenarbeit mit der Türkei – was auch eine finanzielle Unterstützung der Flüchtlingsintegration dort beinhaltet. Die bisherig zugesagten sechs Milliarden Euro Unterstützung wurden zu einem großen Teil noch gar nicht abgeholt! An dieser Zusammenarbeit halten wir fest. Aber Ministerpräsident Erdogan kann nicht tun, was er will. Und wir wollen auch nicht in seine Kriegskasse einzahlen.
Was ist nun wirklich der Weg der Menschlichkeit? Es gibt keine einfache Antwort! Wunderbar ist das Zeugnis der Steyler Missionsschwestern aus Österreich, die bei den Menschen vor Ort leben: „Wir haben die Möglichkeit, nicht nur Zuschauer des Lebens anderer zu sein. Lösungen für diese politische Krise haben wir Schwestern nicht. Aber wir können unsere Herzen öffnen und unsere Hände reichen, um zu helfen.“ (12.3., Linzer Kirchenzeitung)
Im Ständigen Unterausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union haben wir deshalb unter der Federführung von Abg. Reinhold Lopatka und Abg. Michel Reimon folgenden Text beschlossen:
“Der Krieg in Syrien, vor allem die Kämpfe in der Provinz Idlib, haben zu einer der schlimmsten humanitären Katastrophen geführt. 980.000 Menschen sind auf der Flucht, die meisten davon Frauen und Kinder. Seit Beginn der Auseinandersetzungen in Syrien nimmt Griechenland aufgrund seiner geographischen Lage die meisten Asylsuchenden auf, die Mehrheit von ihnen auf die der Türkei vorgelagerten Inseln in der Ägäis. Laut Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) sind dieses Jahr, mit Stand 02. März 2020, bereits 8.432 Personen über die Seegrenze nach Griechenland gelangt. Die Kapazität der auf diesen Inseln errichteten Flüchtlingsunterkünfte sind mit mehr als 41.000 Personen weit ausgereizt. Das UNHCR macht seit längerem auf die katastrophalen Zustände in diesen Camps aufmerksam.
Um Griechenland zu entlasten, müssen neben dem EU Außengrenzschutz und sofortigen Maßnahmen für die Schaffung von menschenwürdigen Unterkünften für Schutzsuchende langfristige Lösungen gesucht werden. Raschere Asylverfahren in Griechenland mit Unterstützung der EU Mitgliedstaaten und in Abstimmung mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro (EASO) und der Europäischen Union würden laut MigrationsexpertInnen u.a. die Situation an der türkisch-griechischen Grenze entschärfen.
Die Europäische Kommission (EK) arbeitet derzeit an einem Pakt für Migration und Asyl. Dieser soll drei Komponenten umfassen, eine Außendimension, wo es um die Zusammenarbeit der EU mit Herkunfts- und Transitländern in Afrika und in der Nachbarschaft geht. Die beiden anderen Komponenten sind die interne Komponente, der Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten, und der Außengrenzschutz. Nach Ostern soll im Rahmen dieses Paktes auch eine neue Asylreform seitens der EK vorgestellt werden. Die österreichische Regierung hat sich im Regierungsprogramm bereit erklärt, sich weiterhin für eine gemeinsame europäische Lösung der Asylfrage auf Basis eines kohärenten rechtlichen Rahmens und einheitlichen Standards für menschenrechtskonforme Verfahren, Aufnahme und Rückführung (entsprechend der geltenden EU-Richtlinien) einzusetzen. Das Regierungsprogramm sieht weiters vor, das UNHCR und andere Hilfsorganisationen in Krisenregionen zur Bewältigung von Flüchtlingskrisen vor Ort zu unterstützen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden Antrag auf Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG:
„Die österreichische Bundesregierung wird aufgefordert,
- sich dafür auf europäischer Ebene einzusetzen, dass die € 700 Mio. Hilfe für Griechenland einschließlich der ersten Tranche von € 350 Mio., neben der Stärkung der EU-Außengrenze, auch der Stärkung des Flüchtlingsschutzes und den Schutzsuchenden dient;
- sich für eine Aufstockung der europäischen Mittel für Humanitäre Hilfe zur Unterstützung des UNHCRs und andere Hilfsorganisationen in der Krisenregion Syrien, insbesondere in der Provinz Idlib einzusetzen;
- sich auf europäischer Ebene für die Unterstützung der griechischen Asylbehörde in Abstimmung mit dem Europäischen Asylunterstützungsbüro (EASO) bei der Registrierung von Schutzsuchenden, vor allem auf den griechischen Inseln, und bei der raschen Durchführung der Asylverfahren einzusetzen, und hier auch die notwendige (u.a. juristische) Expertise und logistische Hilfe anzubieten;
- sich auf europäischer Ebene mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für eine aktive Wiederbelebung der Diskussion zu einer gemeinsamen europäischen Lösung der Asylfrage auf Basis eines kohärenten rechtlichen Rahmens und einheitlichen Standards für menschenrechtskonforme Verfahren, Aufnahme und Rückführung (entsprechend der geltenden EU-Richtlinien) einzusetzen.“
Während des Krieges 1995 wurden Flüchtlingsfrauen aus Bosnien mit deren Kindern mit Bussen nach Österreich gebracht. Zum Teil waren das Frauen, deren Männer und Väter in Srebrenica ermordet worden waren. (Solche Frauen habe ich damals in ihren Quartieren ehrenamtlich betreut) Nachdem der Krieg beendet war, wurden diese Flüchtlinge wieder in die Busse gesetzt und in ihre Heimatländer zurückgebracht.
Kann man nicht auch mit Flüchtlingen in Griechenland auf diese Weise vorgehen. ..dass eine bestimmte Zahl mit Bussen oder Flugzeugen nach Österreich gebracht wird , in leerstehenden Gasthöfen untergebracht wird und nach Beendigung des Krieges wieder in ihr Heimatland gebracht wird. Ich denke, dass würde natürlich etwas kosten, kann aber sonst nicht so schwierig sein.
Liebe Frau Deutschbein, es ist nicht so einfach, weil ganz viele Einwohner der Lager in Griechenland nicht aus Kriegsgebieten kommen. Die Festellung, wer einen Fluchtgrund hat und wer nicht, ist sehr kompliziert. Griechenland ist dafür verantwortlich aber nicht sehr gut dabei, genau dies zu tun. Darum meine Forderung, dass wir Griechenland genau dabei helfen!
Liebe Gudrun Kugler, vielen Dank für Dein Engagement für Flüchtlinge, gerade in dieser Corona-geprüften Zeit! Die Organisation GAiN-Austria setzt sich sehr für Flüchtlinge in Lesbos ein. Ich arbeite da mit und würde mich sehr freuen, wenn Du Dir unsere Web-Seite anschauen würdest (GAiN-Austria.at). Vielleicht gäbe es Möglichkeiten, Ideen auszutauschen und zusammen Schritte zu machen. Vielen Dank und viel Segen, shalom, Miriam Müller
Danke – das mache ich sehr gerne!
Darf ich das bitte auf facebook teilen?
Selbstverständlich!
Herzliche Grüße,
Team Abg. Gudrun Kugler