Peppone braucht Don Camillo
Gebet für Politiker gehört zum „Grundbestand der christlichen Lehre“, sagt Kardinal Schönborn. Auch in fast jeder katholischen Messe findet dies seinen Ausdruck. Als Abgeordnete bin ich dafür dankbar.
Wenn in ungewohnter Form und ökumenisch gebetet wird – wie in der Stadthalle in Wien – sollten Katholiken über ihren Tellerrand blicken. Dass zahlreiche Spitzenpolitiker am gleichen Wochenende bei der Regenbogenparade gesprochen haben, wird nicht als Wahlkampfauftritt interpretiert. Die Aufregung rund um ein Segensgebet für einen Politiker zeigt aber auch, dass starke Kräfte in unserer Gesellschaft keinen Platz für christliches Sendungsbewusstsein sehen.
Die eigentliche Frage ist also die nach der Präsenz von Glaube und Religion in Politik und Öffentlichkeit. In den meisten Ländern der Welt ist diese selbstverständlich. In Österreich ist man hingegen zunehmend unentspannt. Worum geht es eigentlich?
Die Trennung von Kirche und Staat ist eine wichtige Errungenschaft. Sie bedeutet organisatorische, institutionelle Trennung. Sie bedeutet keineswegs, dass ein Politiker seine Überzeugungen an der Garderobe des Parlaments abgeben muss. Wer über christliche Werte für die Politik nachdenkt, kommt schnell zum Schluss: Es geht immer um Menschenwürde, um vernunftbegründete Eckpfeiler des Zusammenlebens, um eine Weltsicht, die das Gestern und das Übermorgen einbezieht und nicht nur „Brot und Spiele“ umfasst. Manche nennen diesen Zugang eine Ökologie für den Menschen. Solche Ansätze sind natürlich nicht nur für Christen gut. Ohne Don Camillo ist Peppones Politik einseitig. Die Demokratie braucht ein lebendiges Christentum, wie immer öfter auch von nichtchristlicher Seite unterstrichen wird.
Über Professoren wie Kurt Remele, die in Österreich Priester und Religionslehrer ausbilden, kann ich mich nur wundern: Die Bibel hält er offenbar nicht wirklich für Gottes Offenbarung, andere Religionsgemeinschaften wie die seit 2013 in Österreich gesetzlich anerkannten Freikirchen verteufelt er, mein Engagement lehnt er als „rechtkonservativ“ ab. Das 68iger-Rad hat sich doch bereits weitergedreht! Das muss die Kirche aber intern lösen. Auch das heißt Trennung von Kirche und Staat.
Nationalratsabgeordnete Dr. Gudrun Kugler ist Menschenrechtssprecherin des ÖVP-Parlamentsklub.