In der Nationalratssitzung am 16. Dezember stellten wir eine umfangreiche parlamentarische Anfrage zum Lobautunnel an Frau Bundesminister Gewessler, in der wir Antworten zu den ausgeklammerten Aspekten in ihrer Evaluierung des Bauprogramms fordern. Darunter die Tatsache, dass die S1-Außenumfahrung wie auch weitere Projekte in anderen Bundesländern im Bundesstraßengesetz 1971 – BStG 1971 stehen und dass das Bauprojekt eine positiv abgeschlossenen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hat. Außerdem müssen Aspekte wie Verkehrssicherheit und Bodenverbrauch unter Berücksichtigung einer alternativ drohenden Zersiedelung sowie die notwendige Entlastung von Menschen in den Regionen, etwa an der total überlasteten Wiener Südosttangente (A 23), eine seriöse Würdigung erfahren!
Dazu hier unsere parlamentarische Anfrage (9094/J) sowie unsere Presseaussendung zu diesem Thema:
Anfrage
der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Angela Baumgartner
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend ausgeklammerte Aspekte der „Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft in Umsetzung des Regierungsprogramms – Schlussfolgerungen“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie von November 2021
Die jüngste „Absage“ der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie von gesetzlich verankerten Bauprojekten bzw. Streckenverläufen von Bundesschnellstraßen oder Bundesautobahnen wirft mehr Fragen auf als beantwortet werden, schließlich steht die S1-Außenumfahrung wie auch weitere Projekte in anderen Bundesländern im Bundesstraßengesetz 1971 – BStG 1971. Außerdem gibt es für das genannte Projekt eine positiv abgeschlossene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die alle möglichen Aspekte in einem systematischen Verfahren bewertet. Wenn demokratiepolitische oder rechtsstaatliche Diskussionen vorerst ausgeklammert werden, wirft die „Absage“ trotz positivem Bescheid jedenfalls viele Fragen rund um die gebotene Rechtssicherheit auf.
Auch Aspekte wie Verkehrssicherheit, Bodenverbrauch unter Berücksichtigung einer alternativ drohenden Zersiedelung oder die notwendige Entlastung von Menschen in den Regionen, etwa an der total überlasteten Wiener Südosttangente (A 23), muss eine seriöse Würdigung erfahren.
Namhafte Juristen beurteilen die Entscheidung der zuständigen Bundesministerin als zumindest „sehr heikel“. Schließlich handle es sich um einen gesetzlichen Auftrag, wenngleich ohne zeitliche Fristsetzungen. Zusammengefasst die Expertise: Man könne einen gesetzlich verankerten „Bau nicht einfach so absagen”.
Des Weiteren wurde kein Infrastrukturprojekt so eingehend auf Umweltverträglichkeit und Nutzen geprüft wie der Lobautunnel und die S1. Die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde 2018 positiv abgeschlossen. Bereits 2017 kamen international renommiertere Verkehrs- und Raumplaner zu dem Schluss, dass die Tunnelvariante für das Naturschutzgebiet Donau-Auen und deren Tier- und Pflanzenwelt keine Beeinträchtigung darstellt.
Das Argument „Der Ausbau des Straßennetzes führe immer zu mehr Verkehr“ und damit zu mehr Emissionen, hält in diesem Fall aus unserer Sicht nicht stand – im Gegenteil: Durch den Bau der Nordostumfahrung Wiens kommt es zu keiner nennenswerten Verkehrsvermehrung, sondern in allererster Linie zu einer kompletten Verlagerung des Transitverkehrs von der dadurch wirksam entlasteten Tangente A 23 im Ausmaß von 77.000 Fahrzeugen pro Tag. Diese Lösung, begleitet von – bereits eingeleiteten – Maßnahmen wie Parkraumbewirtschaftung und Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, würde gemäß dieser Studie zu einer Reduzierung der Schadstoffemissionen um 10 % führen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die bereits eingeleitete Umstellung der PKW auf emissionsfreie Antriebe dem zentralen Argument der angestrebten Klimaneutralität ohnedies entgegenkommt und kein Absagegrund für Bundesschnellstraßen oder Bundesautobahnen sein kann.
Mit der vorläufigen Entscheidung rückt die beste und zeitnahste Perspektive in weite Ferne, die Wiener Südosttangente (A 23) mit ihren alltäglichen, stundenlangen Staus wirksam zu entlasten, was auch die durch Dauerstau auf der Tangente bedingten zusätzlichen Emissionen reduzieren könnte. Vor allem aber auch Tausende unmittelbar betroffene Menschen im Bezirk Donaustadt müssen weiter LKW-Kolonnen ertragen.
Gleichermaßen stellt die Verkehrssituation auch erhebliche Probleme für lebensrettende Einsatzfahrzeuge dar, deren Vorankommen aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht in entsprechendem Maß sichergestellt werden kann. Das hochrangige Straßennetz bringt zudem allen Verkehrsteilnehmern mehr Sicherheit; ein Umstand, den eine Evaluierung auch würdigen muss.
Die vorläufige „Absage“ an den Lobautunnel ist ein großer Schaden für die verkehrsbelastete Donaustadt und ihre Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch das angrenzende niederösterreichische Umland, insgesamt ein Gebiet mit rd. 500.000 Einwohnern (etwa wie Kärnten) bleibt vom zentralen Wiener Stadtgebiet abgeschottet. Daraus resultiert ein gravierender Standortnachteil sowohl für Betriebsansiedlungen als auch für den Wohnbau. Im Sinne des Umweltschutzes sollte unser Ziel sein, erschlossene Gebiete in urbanen Regionen effizient zu nutzen, um eine weitere Zersiedelung zu vermeiden.
Damit entfällt nicht nur die erhoffte Entlastung des Marchfelds und neue wirtschaftliche Chancen durch die S8. Von der „Absage“ an den Lückenschluss des Rings um Wien und damit auch den Anschluss der S8 ans hochrangige Straßennetz ist das gesamte Weinviertel und auch der Raum südlich der Donau an der A4 betroffen. Der Bau der S8 würde Tausende vom täglichen Durchzugsverkehr von bis zu 30.000 Fahrzeugen in den Ortschaften des Marchfelds befreien. Er würde es endlich wieder ermöglichen, dass sich Betriebe ansiedeln, die zurzeit einem Widmungsstopp wegen fehlender Verkehrsanbindung unterliegen.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es eine der wichtigsten Aufgaben einer Autobahn ist, den (Transit)Verkehr von kleinen, niederrangigen Straßen anzuziehen und in der Folge eine Entlastung von gewachsenen Strukturen und Ortskernen vom Durchzugsverkehr bzw. auch etwa der Südosttangente A 23 und den dortigen Anrainern eine spürbare Verbesserung zu bringen.
Nahezu alle oben erörterten Argumente sprechen auch für andere leider gestoppte oder in Frage gestellte Projekte, wie etwa Lückenschluss- oder Kapazitätserweiterungsprojekte (z.B. Spurzulegung A9 Pyhrn Autobahn FSE Knoten Graz – ASt. Wildon oder S 37 Klagenfurter Schnellstraße in der Steiermark und in Kärnten).
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende
Anfrage:
- Stellen Sie politische Entscheidungen bzw. erstellte Berichte künftig über abgeschlossene, detailliert abgehandelte UVP-Verfahren?
- Was bedeutet diese neue Vorgangsweise für künftige Projekte, auch in anderen Bereichen wie zum Bespiel beim Ausbau von erneuerbarer Energie?
- Wie lange hat das abgeschlossene UVP-Verfahren für das Projekt S1 gedauert und wie umfangreich war dieses Verfahren?
- Wie viele Personen wie zum Beispiel Umweltsachverständige, Bausachverständige, Juristen, Bürgerinnen und Bürger waren am UVP-Verfahren für das Projekt S1 beteiligt?
- Wie lange hat die Erstellung des Evaluierungsberichtes, der als ihre Entscheidungsgrundlage gilt, gedauert und wie umfangreich war dieser Vorgang?
- Wie viele Personen wie zum Beispiel Umweltsachverständige, Bausachverständige, Juristen, Bürgerinnen und Bürger waren an der Erstellung des Evaluierungsberichtes beteiligt?
- Warum ist das Ergebnis der bereits positiv abgeschlossenen Umweltverträglichkeitsprüfung nicht in die Evaluierung des Lobautunnels eingeflossen?
- Warum stellen Sie das Ergebnis des Evaluierungsberichtes (ca. 25 Seiten) des Lobautunnels/S1 über das Ergebnis der jahrelang dauernden, umfangreichen, positiv abgeschlossenen Umweltverträglichkeitsprüfung?
- Wurden für die Evaluierung oder die Schaffung der Grundlagen dafür externe Gutachten oder andere Dienstleistungen beschafft bzw. in Auftrag gegeben?
- Falls ja, wie hoch waren die Kosten – aufgeschlüsselt nach Bestelldatum, Dienstleister, Anbotslegung, tatsächlich abgerechnete Kosten?
- Falls nein, wie hoch waren die Kosten für die interne Erstellung der Evaluierung?
- Wie hoch waren die bisherigen Gesamtkosten für die Evaluierung der laufenden ASFINAG- Projekte?
- Welche externen und ministeriumsinternen Expertinnen/Experten wurden für die gegenständliche Evaluierung herangezogen bzw. konsultiert bzw. welche Expertinnen/Experten gaben ihre Expertisen diesbezüglich ab?
- Nach welchen Kriterien war der Evaluierungsbericht zu erstellen?
- Ist es nach Ihrem Kenntnisstand korrekt, dass der Bodenverbrauch nur knapp zwei Tausendstel der Agarfläche von Wien und Gänserndorf beträgt?
- Wurde die Studie von ECO – Austria, wonach die S1 mit Lobauquerung wesentlich für die Anbindung der S8 sei und bei Nichtbau tausende Arbeitsplätze kostet sowie etwa 1,6 Milliarden Euro an BIP-Verlust bringt, in die Evaluierung mit einbezogen?
- In welcher Form wurde in der Studie gewürdigt, dass Wohnbau in urbanen Regionen mit vorhandener Infrastruktur in Hinblick auf Bodenverbrauch und auch damit verbundenem Klimaschutz wesentlich zielführender ist als die sonst drohende Zersiedelung?
- Haben Sie die erhöhte Verkehrssicherheit im hochrangigen Straßennetz in Bezug auf die Anzahl der schweren Verkehrsunfälle auf dem niederrangigen Straßennetz in Ihre Überlegungen miteinbezogen?
- Haben Sie bei der Evaluierung berücksichtigt, dass in Zukunft – nicht zuletzt auch durch die Weiterführung der E-Mobilitätsprämie die Zulassungszahlen für
E-Fahrzeuge massiv gestiegen sind und zu erwarten ist, dass sich dieser Trend fortsetzt? Haben Sie die damit verbundene CO2-Reduktion berücksichtigt?
- Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für die jeweiligen Entscheidungen hinsichtlich der Absagen von Projekten, die sich aus dem Verzeichnis des Bundesstraßengesetzes ergeben (Bitte um konkrete und präzise Nennung der rechtlichen Bestimmungen.)?
- Welche Auswirkungen wird der Evaluierungsbericht auf die zukünftige Geschäftsgrundlage der ASFINAG haben?
- Bestimmte ASFINAG-Bauprojekte wie der S1-Lückenschluss inkl. „Lobau-Tunnel“ und andere Projekte werden auf Basis der „Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft“ nun nicht mehr weiterverfolgt, was einem Baustopp gleichkommt. Auf welcher rechtlichen Basis (welcher konkreten rechtlichen Bestimmungen) und in welcher konkreten rechtlichen Form (welches Schreiben / Weisung, welcher Rechtsakt) wurde diese „Nicht-mehr-Weiterverfolgung“ bzw. der Baustopp konkret veranlasst?
- Die „S1 Wiener Außenring Schnellstraße“ ist per Gesetzesbeschluss des Nationalrates (geplanter) Bestandteil des Bundesstraßennetzes (Bundesstraßen S; siehe
§ 1 Bundesstraßengesetz iVm mit dem Verzeichnis als Anhang). Wie argumentieren und rechtfertigen Sie ein Abgehen von diesem Gesetzesbeschluss?
- Wie werden Sie der im Bundesstraßengesetz, Verzeichnis 2 getroffenen verbindlichen Festlegung nachkommen, für die S 1, Wiener Außenring Schnellstraße, einen Verlauf „Knoten Schwechat (A 4) – Knoten bei Raasdorf (Einschließlichstrecke) – Knoten bei Raasdorf (S 8) – Knoten Wien/Süßenbrunn (S 2)“ durch entsprechende Errichtung einer Bundesschnellstraße zu gewährleisten?
- Wurden die angekündigten Gespräche mit den Bundesländern Wien und Niederösterreich hinsichtlich der S1 bereits aufgenommen?
- Die Stadt Wien kritisiert, dass die für den Wohnbau notwendige, geplante neue Stadtsstraße nun möglicherweise „im Nirvana“ endet; gibt es diesbezüglich ein neues Konzept des BMK?
- Wie sieht die von Ihnen in der ZIB 2 am 1. Dezember 2021 angekündigte
„Variante C“ zur S1 aus?
- Wie gestaltet sich der Fahrplan für die angekündigten weiterführenden Gespräche für eine „Variante C“ der S1?
- Bis wann werden Sie „Variante C“ vorlegen?
- Wie stellen Sie sicher, dass Ihre „Absagen“ von im Bundesstraßengesetz vorgesehenen Projekten nicht auf Kosten der allgemeinen Verkehrssicherheit und der Flüssigkeit des Verkehrs geht?
- Gab es im Zuge der Erstellung des Gutachtens einen inhaltlichen und / oder politischen Austausch mit den betroffenen Bundesländern und Gemeinden? Wenn ja, mit wem konkret und wann konkret? Und mit welchen Inhalten und Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht?
- Gab es bei der Erstellung des Gutachtens einen Austausch mit NGOs? Wenn ja, mit welchen und wann? Mit welchen Inhalten und Ergebnissen?
- War der Vorstand der ASFINAG bei der Erstellung des Evaluierungsberichtes einbezogen?
- Welche rechtliche Grundlage stellt dieser Bericht für die Darstellung des Bauprogramms dar?
Wie hoch sind die bis zum jüngsten Baustopp angelaufenen Kosten etwa für Planung und andere Vorarbeiten aller nun vom Baustopp betroffener Projekte – aufgegliedert nach Projekten und Jahren?
- Rechnen Sie mit rechtlichen Konsequenzen durch den Stopp der Bauvorhaben? Falls ja, mit welchen?
- Gibt es Rücklagen für etwaige Schadensforderungen in ihrem Ressort bzw. bei der ASFINAG?
Arnoldner/Kugler: Absage an Lobautunnel ist großer Schaden für die Donaustadt und Wien
An diesem Projekt hängen Existenzen und Arbeitsplätze – Bundesministerin Gewessler muss diese ideologische Politik sofort beenden
Wien (OTS) – „Die Absage an den Lobautunnel durch Bundesministerin Gewessler ist ein großer Schaden für die Donaustadt und ganz Wien. Hier muss sofort mit aller Vehemenz gegengesteuert werden“, so Landesgeschäftsführerin Stadträtin Bernadette Arnoldner und die Bezirksparteiobfrau der neuen Volkspartei Donaustadt NAbg. Gudrun Kugler.
„Gerade jetzt braucht es massive Investitionen in Infrastrukturprojekte, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Entscheidung ist daher völlig sinnbefreit und verantwortungslos“, so Arnoldner weiter.
Zwtl.: Verzögerung von Lobautunnel schneidet ganze Region von Stadt ab
Ohne Lobautunnel werden die Stadt und die einzelnen Grätzel weiterhin mit Schwerverkehr belastet. „Stauabgase sind eine ernstzunehmende Umweltbelastung!“, betont Kugler. Die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln in einem Flächenbezirk sei nicht mit der eines innerstädtischen Bezirks vergleichbar.
Die Verzögerung des Lobautunnels schneide eine ganze Region von der Stadt ab. Mobilität sei aber eine Voraussetzung für Inklusion, Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe. „Dazu brauchen wir den Lobautunnel! Frau Minister Gewessler, Sie setzen die Lebensqualität der Menschen aufs Spiel, gefährden Arbeitsplätze und treiben Unternehmen aus der Stadt. Nehmen Sie die Bedürfnisse der Menschen ernst!”, so Kugler.
Zwtl.: Projekt darf nicht durch grüne Fantasien zerstört werden
„Der Lobautunnel ist das meist- und bestgeprüfteste Straßenprojekt Österreichs. Es hängen Existenzen, Arbeitsplätze und Hoffnungen an diesem Projekt, die durch grüne Fantasien, sowie der Selbstverwirklichung einer ehemaligen Global 2000 – Aktivistin, die heute Ministerin ist, zerstört werden“, so Arnoldner weiter. So könne verantwortungsvolle Politik nicht aussehen. „Bundesministerin Gewessler muss sofort diese Form der ideologischen und symbolischen Politik im Sinne der Bedürfnisse von Mensch und Wirtschaft beenden“, so Arnoldner abschließend.
Rückfragen & Kontakt:
Die neue Volkspartei Wien
Mag. Peter Sverak
Leitung “Strategische Kommunikation”
+43 664 859 5710
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