Warum wir die Novelle der Bauordnung ablehnten und dafür auch eine Nacht im Gemeinderat verbrachten
19. März 2016
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Von 18. auf 19. März 2016 fand im Wiener Landtag eine 24-Stündige Debatte zu einer Novelle der Bauordnung statt. Nach einer langen Nacht stimmten wir gemeinsam mit FPÖ und NEOS dagegen.
Die Novelle sieht vor, dass die Stadt, wenn sie dafür gute Gründe hat, ohne Baubewilligungsverfahren und ohne Baubestimmungen, Nachbarschaftsrechte zu beachten, Bauwerke für bis zu 15 Jahre zu errichten. Bauordnung Novelle März 2016
Dazu wird die Flüchtlingskrise vorgeschoben, um Macht und Willkür walten lassen zu können und jahrelange Stadtplanungsversäumnisse zu kitten.
Wir stimmten gegen die Novelle – nicht weil wir gegen notwendige Bauten für Hilfesuchende und Flüchtlinge sind. Denn diese könnte man bereits aufgrund der derzeitigen Bauordnung bauen.

Stattdessen stellen wir uns gegen Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit, gegen den Eingriff in persönliche Rechte, gegen die Schaffung von Rechtsunsicherheit, gegen die Übermacht und Vormachtstellung des Staates, und gegen die Aushebelung von Schutzbestimmungen wie z.B. „Festigkeit, Standsicherheit, Brandschutz, Hygiene und Gesundheit, Nutzungssicherheit“ von Gebäuden. Wir sind gegen die Novelle der Bauordnung, weil wir die für Verhältnismäßigkeit des staatlichen Handelns und für eine vorausschauende Stadtplanung eintreten.

Undemokratisch ist es, wenn in Rechte mehr als nötig eingegriffen wird, wie hier in das Eigentumsrecht und das Recht auf ein faires Verfahren, sowie Nachbarrechte.
Eingriffe in Rechte dürfen nur punktuell sein, nie ein Blankoscheck. Im Gesetzesvorschlag heißt es: „Die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte steht der Bewilligung nicht entgegen.“ Es ist auch ungesetzlich, wenn ein Gesetz, das in Rechte eingreift, nicht automatisch wieder außer-kraft-tritt.

Undemokratisch ist es, wenn Rechtsunsicherheit geschaffen wird, weil die Stadt in Rechte eingreifen kann aufgrund von undefinierten „bevorstehenden Ereignissen“.

Undemokratisch ist es, wenn der Staat übermächtig wird, weil er alles darf, solange „die Baumaßnahmen oder die Nutzung der Bauwerke staatlich organisiert sind“.

Undemokratisch und gefährlich ist es, wenn Schutzbestimmungen mit Füßen getreten werden. Denn viele Bestimmungen in der Bauordnung sind Schutzbestimmungen! §71 c (2) schreibt vor, dass es lediglich erforderlich ist, „Bedacht“ zu nehmen auf „mechanische Festigkeit, Standsicherheit, Brandschutz, Hygiene und Gesundheit, Nutzungssicherheit.“

Undemokratisch ist es, wenn die Rechtsstaatlichkeit außer Kraft gesetzt wird, weil es keine aufschiebende Wirkung für Betroffene gibt! Und wenn es sich um so dringliche Anliegen handelt, warum gilt dann eine solche Baubewilligung gleich für fünf Jahre (§71c (3))? Hätte man da vielleicht auch Zeit gehabt für ein ordentliches Verfahren?

Undemokratisch ist es, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, nämlich die Angemessenheit staatlichen Handelns, etwa bei staatlichen Eingriffsrechten oder bei Abwägungs- und Ermessensentscheidungen, zu übergehen: Wenn die Härte der Antwort auf ein Anliegen weit überschießend ist.

Undemokratisch ist es, wenn in der politischen Debatte solch wichtige Vorhaben nicht ausreichend Begutachtungszeit bekommen.

Undemokratisch ist es, wenn das Land nicht langfristig plant und Wohnungen wie z.B. für Studenten, Stadtwachstum oder Zuzug einplant – aber dieses Veräumnis dann durch Hauruckgesetze wett machen will.

Warum haben wir den Redemarathon, das Filibustering der FPÖ unterstützt? Die Opposition muss alle Rechte nutzen, die sie hat. Angesichts der Rot-Grünen Übermacht ist Kreativität gefragt. Vielleicht sogar bis zur Verzweiflungstat. Wir wurden gewählt, um zu tun, was demokratisch möglich ist, anstatt resignierend augenscheinlich verfassungswidrige Gesetze durchzuwinken. Wir dürfen stolz darauf, dass die Opposition an Selbstvertrauen zunimmt.

Am Nachmittag danach war ich übrigens im einem Flüchtlingsheim. Müde zwar, aber sehr bewegt von den Geschichten und den freundlichen Gesichtern der Menschen. Allesamt waren sie offen, dankbar und lächelnd in ihrer schwierigen Situation ohne Privatsphäre und nur bescheidener Perspektive.

Links:
http://www.andreas-unterberger.at/2016/03/barackenlager-in-parks-und-wienerwald-das-ende-des-rechtsstaats/?s=bauordnung
http://wien.orf.at/news/stories/2763659/

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