Festrede am Sudetendeutschen Heimattag
11. September 2023
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Am Sudetendeutschen Heimattag 2023 in Klosterneuburg wurde mir die Ehre zuteil, die Festrede halten zu dürfen. Meine sudetendeutschen Großeltern wären sehr stolz auf mich gewesen! Sie wurden als verlobte junge Erwachsene aus ihrem Dorf und ihren Häusern vertrieben und brauchten dann zwei Jahre um sich wiederzufinden. Auf ihrer Hochzeit in dem ihnen fremden Linz war kein einziger Gast. Die Häuser wurden zuerst von Tschechen bewohnt, dann geschliffen-also vollkommen abgetragen. Heute gibt es nur noch ein Loch im Boden in der Wildnis, wo früher Dörfer waren, durch welches man in ihren Keller gelangt. In Oberösterreich bauten sich meine Großeltern von Null ein neues Leben auf. Hunderttausende teilten dieses Schicksal. Durch ihre harte Arbeit bauten sie das Nachkriegsösterreich maßgeblich mit auf.

Am Sudetendeutschen Heimattag sprach ich zuerst über die Schwerpunkte zuerst über die Schwerpunkte des von mir im Parlament gemeinsam mit den VLÖ-Vertretern initiierten, fraktionsübergreifenden Heimatvertriebenenbeirat.

Nach dem verheerenden Brand im Haus der Heimat besteht noch dringender die Notwendigkeit des Umbaus in ein Museum und Archiv. Wir brauchen eine Möglichkeit, Nachlässe anzunehmen und wertvolle historische Dokumente für kommende Generation zugänglich zu machen!

Außerdem ist es entscheidend sicherzustellen, dass die Vertriebenen nicht auch noch aus der Geschichte vertrieben werden: Eine wissenschaftliche Ausarbeitung kam zum Schluss: „Die Vertreibung der Sudetendeutschen wird teils völlig übergangen, teils ist sie in eine allgemeine Darstellung der Fluchtbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg integriert.“

Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet. Damit feiern wir heute 75 Jahre Freiheit, gleiche Rechte, und kein Unterschied, etwa nach Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, nationaler oder sozialer Herkunft. In denselben 75 Jahren sind trotz allem die Benesch-Vertreibungsdekrete immer noch aufrecht! Während „Enteignung und Vertreibung aufgrund von Herkunft und Sprache“ noch immer gültig sind, feiern wir die Menschenrechte. Die Vertreibungsdekrete müssen formal fallen und diese können wir zum Anlass nehmen, einen Prozess der Vergebung und der Versöhnung zu beginnen.

Wir leben in einer Zeit, die dringend Versöhnung braucht. Die Gesellschaft ist mehr und mehr polarisiert. Selbst in Familien ist das spürbar. Die Social Media tragen dazu das ihrige bei.

Kardinal Schönborn hat einmal die Familien jener Kopten besucht, die vom sogenannten Islamischen Staat in Ägypten geköpft wurden. Das für ihn überraschende war: Sie hatten alle den Mördern und Verbrechern vergeben.

Am 11. September 2020 gedachten wir im Parlament auf Einladung des NR-Präsidenten Sobotka 70 Jahre Charta der deutschen Vertriebenen. Ein beachtliches Dokument, das am 5. August 1950 in Stuttgart-Bad Cannstatt von 30 Vertretern der deutschen Heimatvertriebenen unterzeichnet wurde und als Grundgesetz der deutschen Heimatvertriebenen gilt.

Dort heißt es: „Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluß ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat.“

Das ist eine Vorleistung für den Frieden!

JPII schreibt in seinen Erinnerungen, dass das 20. Jhdt nicht nur der Ausbruch des großen Bösen war – obwohl wir uns meist nur so daran erinnern. Nein, es war auch das Jahrhundert der Überwindung des großen Bösen!

„Die Natur hat ihre Fähigkeit zum Guten behalten“ schreibt er, und „das Böse ist durch das Gute begrenzt. Das Böse schafft Gelegenheiten für das Gute!

Der Brünner Versöhnungsmarsch – in Anlehnung an den Brünner Todesmarsch unserer Vorfahren – ist ein gutes Beispiel dafür.

Auch unsere heutige Gesellschaft braucht diese Versöhnung. Wir erleben einen öffentlichen Diskurs der geprägt ist von Gegeneinander, Misstrauen und Angstmache.

So wurde uns gesagt, es wären neue Lockdowns geplant, es gäbe keine Diesel mehr, wir würden im Winter nicht heizen können, 25% der heimischen Unternehmen würden bis Jahresende 2022 sterben. Nichts davon ist eingetreten. Ja, weil sich Politiker engagiert haben.

Der dt. Soziologe Martin Schröder ist Zufriedenheitsforscher. Er sagte mir kürzlich am Telefon: Euch Österreichern geht es so gut, und ihr seid am aller unzufriedensten.

Wir Sudetendeutsche haben Schwierigkeiten immer so gelöst: Nicht durch Jammern sondern durch harte Arbeit, durch Nachvorneblicken und durch Gottvertrauen. Diese Prinzipien haben meine Arbeit und meine politische Arbeit zutiefst geprägt. Auf diese Weise haben wir auch heute der Gesellschaft viel zu geben. Und es freut mich besonders, dass wir das miteinander tun!

 

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