In meiner Rede zum Tagesordnungspunkt “Gewalt gegen Frauen beenden” bei der Nationalratssitzung vom 19. November sprach ich über die besonders prekäre Lage von Frauen in Ausbeutungsverhältnissen, wie Menschenhandel und Zwangsprostitution, sowie von FGM, Kinder-, Mehrfach- oder Zwangsehen Betroffenen. Hier dürfen wir nicht wegschauen! Wenn es um den umfassenden Schutz von Frauen vor Gewalt geht, ist billige Political Correctness unangebracht. Gewalt und Verletzung von Menschenrechten können nie durch Tradition, Kultur oder Ehrkultur gerechtfertigt werden!
Hier die Rede zum Nachhören (3 Min 30) und -lesen:
Nationalrat, XXVII. GP 19. November 2021 131. Sitzung / 1
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich einmal Danke sagen: Danke für das, was Frau Kollegin Schatz gesagt hat, nämlich dass wir hier wirklich ein gemeinsames Ziel haben. Ich finde das total wichtig, und nur so können wir dieses Problems auch langfristig Herr werden. Meinen besonderen Dank richte ich auch an Sie, Frau Bundesminister, für Ihre Arbeit zum Schutz von Frauen vor Gewalt.
Ich möchte das Gesagte um zwei Aspekte ergänzen. Der eine Aspekt, und der ist nach meinem Empfinden heute noch zu kurz gekommen, ist die Situation von Frauen in Ausbeutungssituationen wie zum Beispiel Menschenhandel und Zwangsprostitution. Der letzte Femizid traf eine junge Rumänin, die am Montag in der Früh in Villach vor der Bezirkshauptmannschaft abgelegt wurde; sie war aus dem Rotlichtmilieu. Dazu hieß es in einem „Standard“-Artikel am nächsten Tag, dass es solche Fälle dort schon häufiger gegeben hätte. Eine 18-Jährige wurde vor einigen Jahren aus einem Bordell befreit, heißt es in diesem Artikel, sie wurde von ihrem Zuhälter schwer verletzt, musste im Spital behandelt werden, und das sei kein Einzelfall.
Ich glaube, dass wir da ganz genau hinschauen müssen: Können wir mehr tun? Hat die Kriminalpolizei die Möglichkeiten, die sie braucht? Wenn Frauen verkauft werden und Frauen gekauft werden, werden sie wie eine Ware behandelt – da dürfen wir nicht wegschauen.
Eine zweite Ergänzung: Menschenrechte von Frauen werden in Österreich auch durch Praktiken verletzt, die man in Parallelgesellschaften vielleicht manchmal mit Tradition oder Kultur rechtfertigen möchte. Ich weise nur schlaglichtartig auf ein paar Beispiele hin:
FGM: Davon sind viele Tausend Frauen in Österreich betroffen. Haben wir genug Möglichkeiten, diese Praktik zu verhindern? Können wir spezielle Geburtshilfe, die es braucht, flächendeckend gewährleisten? Können wir flächendeckend Rückoperationen anbieten?
Oder: Kinderehen. Wir haben in Österreich keine Statistik, aber es gibt eine in Deutschland, dort weiß man, amtlich registriert, von 1 500 Fällen von Kinderehen. Es gibt sie auch bei uns. Frau Bundesminister setzt sich für die ausnahmslose Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre ein, das ist eine ganz wichtige Forderung in diesem Zusammenhang.
Zwangsehen: Orient Express betreut 100 Frauen pro Jahr. Also auch das gibt es in Österreich. Selbst die Themen Vielehe oder Mehrfachehe müssen wir uns anschauen.
Gewalt und Verletzung von Menschenrechten können nie durch Tradition oder durch Kultur oder durch Ehrkultur gerechtfertigt werden. Wir werden das Unsrige dazu beitragen, dass wir davon betroffene Frauen schützen. – Vielen Dank.