Parkpickerl: Probleme und Lösungen
22. Februar 2022
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Am 1. März kommt das flächendeckende Parkpickerl auch nach Transdanubien. Das bringt eine Reihe von Problemen mit sich, denen die Stadtregierung tatenlos zusieht.

Was das Parkpickerl für viele Menschen bedeutet:

  • Was machen Erholungsuchende, wenn sie auf der Donauinsel baden gehen oder in der Lobau wandern gehen wollen? Alle zwei Stunden das Auto umstellen? (Aktualisierung am 8. Feb. 22: Die Stadt lenkt ein und kündigt Ausnahmen für die südliche Donauinsel und den Beginn des Nationalparks Donau-Auen Lobau an: https://www.krone.at/2623182 – man darf also die Hoffnung nie aufgeben, dass sich die Vernunft durchsetzen kann! Dazu unsere Presseaussendung vom 9.2. 22)
  • Ein älterer Herr mit Krebsleiden hat ein Grundstück mit Sommerhäuschen in der Donaustadt gekauft. Als Nebenwohnsitzler bekommt er kein Parkpickerl, da es sich dort nicht um einen Kleingartenverein handelt. Er wendet sich an mich mit der Frage: “Wie können sich meine Frau und ich in Zukunft unsere Sommerzeit im Garten leisten, wenn wir von 9-22 Uhr alle 2 Stunden 4.4 Euro zahlen müssen?“ Er braucht ein Auto für die notwendigen Dinge des Lebens, da in der nächsten Umgebung nicht ausreichende Versorgung vorhanden ist. Er sagt: “Hier muss es doch eine Lösung geben – mein ganzer verbleibender Lebensabend ist gestört!”
  • Ein anderer Betroffener schreibt mir: „Ich wohne im 5. Bezirk, wo mein Auto in einer Garage steht, daher benötige ich für den 5. Bezirk kein Parkpickerl. Im 22. Bezirk wohnen wir von März bis September. Die Grundstückbesitzerin ist unsere Tochter und wir haben das lebenslange Wohnrecht. Ich wollte mir das Parkpickerl für den 22. Bezirk lösen und wurde aber aufgeklärt, dass die Hauptmiete im 22. Bezirk sein muss. Die Wohnung im 5. Bezirk ist eine Genossenschaftswohnung und die Hauptmiete kann daher nicht verlegt werden. Bis jetzt konnten wir vor dem Grundstück parken. Es gibt in der Umgebung weder Pendler noch Parknot. Ohne Auto gibt es in der Nähe keine Einkaufsmöglichkeit. Wir sind 77 Jahre und wissen uns keinen Rat.“
  • Regine M. mietet im Rahmen ihrer Wohnungsmiete in der Donaustadt auch einen Garagenplatz. Mit dem Parkpickerl muss sie für ihre Mobilität doppelt zahlen. Darüber hinaus besteht die Befürchtung, dass einige Menschen dies bald nicht mehr tun wollen – und dann erst wieder alle Parkplätze zugeparkt sind.
  • Günther T. engagiert sich in Pensionistenheimen. Er macht dort unentgeltlich Musik- und Tanznachmittage für die Bewohner. Er muss mit dem Auto hinfahren, da er seine Anlage und Instrumente benötigt. In 2 Std ist es nicht machbar, dass er alles aufbaut, die Anlage abstimmt, spielt und wieder abbaut. Wie das Parkpickerl derzeit konzipiert ist, müsste er es nach jeweils 2 Std umparken.
  • Thomas H. wohnt in der Donaustadt und arbeitet in Floridsdorf. Parkpickerl ist für ihn ein großes Problem.
  • Unternehmer ohne Privatparkplatz haben ein Problem mit Mitarbeitern, die nicht im Bezirk wohnen.
  • Ein Wirt aus Essling kontaktierte mich, der bereits Kündigungen von Mitarbeitern aufgrund des Parkpickerls zu verzeichnen hat. In der Gastronomie ist es derzeit nicht einfach, Ersatzpersonal zu finden. Außerdem fürchtet er um seine Kundschaft, die vielleicht dann doch anderswo essen geht, wo sie kein Parkpickerl zu bezahlen hat, z.B. auf der anderen Seite der nahen Grenzen zu Niederösterreich. Das Parkpickerl bringt ohne Notwendigkeit einen Wettbewerbsnachteil in eine Region, von der die unbelastete Konkurrenz nicht weit entfernt ist.
  • Der Großteil der Wiener Hausärzte betreibt ihre Ordination nicht in ihrem Wohnbezirk. Das Parkpickerl bringt für Hausbesuche schwerwiegende Schwierigkeiten mit sich: So muss ein Arzt für einen Hausbesuch bei einem Patienten zuerst zurück in den Wohnbezirk fahren, um dort das Auto, in dem sich die medizinische Ausrüstung befindet, zu holen und dann weiter zum Patienten fahren zu können. Dadurch entstehen ein enormer Zeitverlust und unnötige Auto-Kilometer.
  • Wie wird es den Studenten in Strebersdorf gehen, die zur Uni nur schwer öffentlich fahren können?
  • Was ist mit Bauern und ihren Traktoren und Anhängern bei der Arbeit bzw. Ernte?
  • Kann ein Angestellter mit einem Firmenauto aus einem anderen Bezirk noch nach Hause fahren und dort parken?
  • Wie sollen Bewohner Transdanubiens ohne Auto z.B. von Essling nach Stammersdorf kommen? Die öffentlichen Querverbindungen fehlen noch oder sind teilweise unzumutbar (in diesem Fall: drei Mal so zeitintensiv).

Deshalb fordere ich als Bezirksparteiobfrau und Wahlkreismandatarin im Rahmen der Einführung des flächendeckenden Parkpickerls:

Wenn es zum Parkpickerl kommt, muss es flexibel sein und den Lebensrealitäten der Menschen gerecht werden.

  • Wir brauchen ein Parkpickerlpaket für mehrere ausgewählte Bezirke (oder Bezirksteile), für jene Menschen, deren Lebensmittelpunkte über den Wohnbezirk hinausgehen, z.B. durch Pflege, Ehrenamt, Arbeit, Zweitwohnsitz, etc.
  • Zonen, etwa für die Innenstadt, die Bezirke Innerhalb des Gürtels und die Bezirke außerhalb des Gürtels, würden der Park-Wirklichkeit gerechter werden als eine einheitliche Regelung: Es ist unlogisch, dass Parken in Essling gleich viel kostet wie Parken in der Nähe des Stephansdoms.
  • Zu prüfen wäre außerdem eine Ausnahmeregelung für dünn besiedelte Einfamilienhaus-Gebiete am Stadtrand – zum Beispiel nach dem Vorbild der Donauinsel-Ausnahme (Kurzparkzone von 8-11:00 um Dauerparker zu verhindern).
  • Spät aber doch, haben sich am 16. Februar die Bezirksvorsteher von Floridsdorf und Donaustadt auf eine Überlappungszone rund um den Donauturm geeinigt. Weitere solche Parkpickerl-Überlappungszonen an der Bezirksgrenze sind nötig, um die Bewohner dort nicht zu schikanieren.
  • Weiters brauchen wir Lösungen für Unternehmen, deren Mitarbeiter aus anderen Bezirken oder Niederösterreich kommen und die im Gewerbegebiet nicht ausreichend öffentlich angebunden sind. Auch hier könnte eine ähnliche Regelung überlegt werden. Ansonsten könnte der Wettbewerbsnachteil zu Abwanderung führen.
  • Außerdem braucht es Begleitmaßnahmen wie den Ausbau der Park&Ride-Anlagen an der Bezirksgrenze für die Pendler
  • und die deutliche Intervallerhöhung des öffentlichen Verkehrs und mehr Querverbindungen zwischen Floridsdorf und der Donaustadt (z.B. braucht man von Essling nach Stammersdorf öffentlich: 80 Minuten!)
  • Ein bezirksübergreifendes Parkpickerl für Floridsdorf und Donaustadt wäre auch überlegenswert.

Die flächendeckende Einführung des Parkpickerls nach innerstädtischem Modell halte ich dennoch prinzipiell für keine gute Idee: Wohn-, Arbeits- und Lebensrealitäten sehen in einem Flächenbezirk anders aus als zum Beispiel in Bezirken innerhalb des Gürtels. Die Öffis decken manche Gebiete nicht ausreichend ab oder nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Wir bräuchten daher eine maßgeschneiderte Lösung für die Donaustadt und für Floridsdorf. Das heißt: Kurzparkzonen wo notwendig – aber kein flächendeckendes Parkpickerl.

Damit haben wir uns nicht durchgesetzt. Für das Rot-Pinke Wien stehen anscheinend andere Interessen im Vordergrund als die Sorgen und Nöte der Menschen in unserer Stadt.

Dazu in den Medien:

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6 comments

  1. Leider bin auch ich betroffen von dieser Regelung. Wohnhaft in 1230 Wien , Daubelhüttenbesitzer in 1220
    bei Steinspornbrücke und keine Möglichkeit ein Parkpickerl zu bekommen. Der Weg zur Hütte vom Kostenpflichtigen Parkplatz 10 min in eine Richtung , das heißt alle 2 Std , 20 min hin und herlaufen. Das ist unzumutbar. Ich werde gezwungen gesetzte zu Übertreten.

  2. Warum kann ich bei Besitz von 2 Fahrzeugen nur 1 Parkpickerl erhalten obwohl ich für beide Fahrzeug Steuer zahle. Wechselkennzeichenbesitzer bekommen 2 Pickerl obwohl nur 1 mal Steuer entrichtet wird?

  3. Margrit Stumvoll

    Was ist mit den bisher freien Parkplätzen beim Süssenbrunner Teich? Die Öffis, gut und schön, alle 30 Minuten ein Bus, nur mit etwas Gepäck fürs Baden wird es schwierig. Oder will man auf diese Art und Weise nur mehr den Teich für einen Bezirk zugänglich machen??

  4. Mag. Doris Dorer

    Ich wohne im 3.Bezirk und mein pflegebedürftiger 95 jähriger Vater und meine Geschwister im 2-.Bezirk. Ich verstehe nicht, warum ich plötzlich für meine Familienbesuche zahlen muss!
    Warum führt man nicht ein wienweites Parkpickerl ein, wo jeder Wiener und jede Wienerin überall in Wien parken kann, man zahlt ja sowieso dafür!

  5. Wolfgang Schack

    Ich (wohnhaft im Raum Aspern, Lobauseite) habe gestern ein e-mail an unseren Bez.vorsteher geschick, mit ähnlichen Überlegungen und warum bei uns einfach “drüber gefahren” wird.
    Andere Bezirke (siehe mobilen Stadtplan) haben etliche Ausnahmen.
    Bin schon gespannt was er antwortet, oder antworten lässt.

  6. Prinzipiell einverstanden, aber für mich doch ein grö0eres Problem, wenn ich meinem Sohn aus Salzburg bei seinem Kurzurlaub in Wien meinen Hofparkplatz nicht mehr ab 19 Uhr sondern erst ab 22 Uhr zur Verfügung stellen kann, indem ich mich auf der Straße einparke. Sein Auto hat das Kennzeichen JO = St. Johann im Pongau, das für Hooligans in Hütteldorf, Bahnhofstgraße, anscheinend so verpönt ist – wegen “Erzfeind Austria Salzburg”, dass sie schon einschlägige PKWs furchtbar zerkratzt haben. Muss ich nun deswegen ein Pickerl lösen, um als 83-jähriger Mann nicht erst in der Nacht um-parken zu müssen? Bitte setzen Sie sich für eine Rücknahme der wochentäglichen Parkmöglichkeit von 22 Uhr auf wieder 19 Uhr ein!! Danke im Voraus, Gerhart Maier, 1140 Wien