Unsere parlamentarische Reise nach Kroatien vom 27. bis 29. November 2025 war der erste politische Besuch seit dem Antritt beider neuen Regierungen – bewusst zu Beginn der Legislaturperiode, um frühzeitig eine enge Zusammenarbeit aufzubauen, damit im Laufe der kommenden Jahre viel gemeinsam weiterentwickelt werden kann. Österreich und Kroatien verbindet eine echte emotionale Nähe: Wir sehen uns als Nachbarn, Freunde, teilweise sogar als Geschwister. Diese Haltung prägte alle Gespräche, die wir in Zagreb führten. Auch gute Beziehungen brauchen Pflege!
Historisch wie politisch stehen unsere Länder eng beisammen. 2027 feiert Kroatien ein bedeutsames Jubiläum: seine Aufnahme in die Habsburger Monarchie – ein Ereignis, das unsere langen gemeinsamen Wurzeln sichtbar macht: 500 Jahre kroatisch-österreichische Staatsgemeinschaft! Österreich war einer der ersten Staaten, der ab Anfang 1992 Kroatiens Unabhängigkeit unterstützte, ebenso wie den Weg zur EU-Mitgliedschaft. Heute setzen wir diesen Weg fort und unterstützen Kroatiens Beitritt zur OECD.
Während unserer dreitägigen Reise führten wir eine Reihe intensiver politischer Gespräche. Gleich zu Beginn tauschten wir uns im kroatischen Außen- und Europaministerium mit der Staatssekretärin für Europa, Andreja Metelko-Zgombić, über bilaterale Prioritäten, EU-Themen und regionale Herausforderungen aus. Im Ministerium für Demographie und Immigration stellte uns Minister Ivan Šipić gemeinsam mit seinen drei Staatssekretären die kroatische Demographiestrategie vor, die europaweit einzigartig ist und bereits erste messbare Erfolge zeigt. Darüber hinaus erhielten wir von P. Ivan Tolj, dem Eigentümervertreter von Styria Media in Kroatien, eine Einschätzung zur innenpolitischen Lage und zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Am Abend folgte ein Austausch mit österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern in Zagreb im Rahmen des Weihnachtsempfangs der österr. Wirtschaftskammer.
Am zweiten Tag standen parlamentarische Gespräche im Mittelpunkt: Im kroatischen Parlament trafen wir zunächst die Vorsitzende des EU-Ausschusses, Jelena Miloš, sowie Mitglieder des Ausschusses, um über europäische Fragen, die Rolle Kroatiens in der EU und gemeinsame regionale Anliegen zu sprechen. Anschließend folgte ein ausführliches Arbeitstreffen mit dem Vorsitzenden der bilateralen parlamentarischen Gruppe HR–AT, Marin Živković, und weiteren Abgeordneten der Gruppe. Dabei wurden auch die Perspektiven der kroatischen Diaspora thematisiert, vertreten durch Zdravka Busić. Am dritten Tag führte uns schließlich ein Arbeitsfrühstück mit dem bekannten Politikberater Krešimir Macan noch einmal tief in die aktuelle politische Situation, kommunikative Entwicklungen und strategische Fragen Kroatiens ein. Darüber hinaus traf ich den Landwirtschaftsminister David Vlajčić und einige befreundete Politiker wie z.B. Nino Raspudic und Mariana Petir sowie die Influencer Mate Mijic und Vlatka Kalinic.
In unseren politischen Gesprächen – insbesondere im kroatischen Außenministerium, im Demographieministerium sowie im Parlament – wurden die wichtigsten gemeinsamen Anliegen klar benannt. Beide Länder kämpfen mit ähnlichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Unternehmen wandern ab, und die Wettbewerbsfähigkeit Mitteleuropas muss gesichert werden. Gleichzeitig haben wir unterschiedliche, aber eng miteinander verbundene Interessen: Kroatien möchte mehr seiner gut ausgebildeten Bürgerinnen und Bürger zurückholen, während Österreich sie gerne im Land behalten würde. Diese Dynamik wollen wir künftig stärker gemeinsam beobachten und mitdenken.
Erfreulich ist die wirtschaftliche Entwicklung Kroatiens, die uns mehrfach bestätigt wurde: Der Lebenshaltungsstandard liegt inzwischen bei 78 Prozent des EU-Durchschnitts – ein bemerkenswertes Ergebnis, wenn man bedenkt, welche Aufbauarbeit nach Krieg und Erdbeben zu leisten war. Österreichische Unternehmen prägen diesen Fortschritt wesentlich mit: Rund 800 österreichische Firmen beschäftigen mehr als 30.000 Menschen in Kroatien und bringen Innovation und Know-how ins Land. Immer wieder kam aber auch zur Sprache, dass die kroatische Verwaltung effizienter werden sollte – weniger Komplexität, weniger Verzögerungen, mehr Serviceorientierung und verlässliche Investitionssicherheit würden viel bewirken.
Besonders beeindruckend war der Besuch im kroatischen Demographieministerium – dem ersten seiner Art in ganz Europa. Kroatien verfolgt hier einen klaren Mainstreaming-Ansatz: Demographische Fragen werden in allen Politikfeldern mitgedacht. Der zuständige Minister stellte uns einige markante Zahlen vor: Die Unterstützung für Familien und Mütter wurde deutlich erhöht, neuer Wohnraum wurde geschaffen, und der Minister berichtete uns, dass bereits rund 800 Babys mehr geboren wurden als im Vergleichszeitraum davor. Kroatien geht mit bemerkenswerter Entschlossenheit gegen den Bevölkerungsschwund vor – ein Thema, das auch Österreich zunehmend beschäftigt.
Im Parlament tauschten wir uns mit dem EU-Ausschuss sowie der bilateralen HR–AT Gruppe aus. Hier standen europapolitische und nachbarschaftliche Fragen im Mittelpunkt: Eine gemeinsame Forderung der österreichisch-kroatischen und kroatisch-österreichischen Freundschaftsgruppen sowie aller Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in Zagreb war der rasche Bau einer echten Hochgeschwindigkeitsverbindung Wien–Zagreb, die beide Hauptstädte in maximal 3 Stunden verbindet. Das ist nicht eine Frage der Bequemlichkeit sondern eine mitteleuropäische Selbstverständlichkeit: Zwei Hauptstädte, die nur 360 km Luftlinie trennen, gehören in der Europäischen Union des 21. Jahrhunderts durch einen modernen Hochgeschwindigkeitszug eng miteinander verknüpft. Diese Strecke wäre mehr als ein bilaterales Projekt: Sie schafft ein echtes Tor zwischen West-, Ost- und Südeuropa – für Menschen, für Ideen und für Waren. Sie stärkt die Wirtschaft beider Länder, fördert den Tourismus, erleichtert den Pendlerverkehr und macht Mitteleuropa als Ganzes wettbewerbsfähiger.
Interessant ist der neue kroatische Umgang mit Migration. Kroatien bemüht sich um den jährlichen Zuzug von etwas 180.000 Menschen, vor allem aus den Philippinen und Bangladesch. Ein Thema, wo Österreich Kroatien unterstützen kann, betrifft die Erinnerungskultur in Bezug auf das 20. Jahrhundert. Vielleicht könnte man einige gegenwärtige kroatische Debatten über Symbole besser einordnen und abkürzen, wenn das Bewusstsein für die unterschiedlichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen Menschenwürde, Menschenrechte und Menschlichkeit besser aufgearbeitet wären. Wir bemühen uns in dieser Frage sehr in Österreich und bieten gerne unsere Unterstützung an. Ebenso würden wir uns freuen, wenn Deutsch weiterhin eine große Rolle in Kroatien spielt, idealerweise als dritter Bildungssprache im Land.
Neben den politischen Gesprächen erhielten wir vertiefte Einblicke in Kroatiens berühmten Innovationsunternehmen Rimac, einem internationalen Vorzeigeprojekt im Bereich Elektromobilität. Kulturell bot die Ausstellung „1100 Jahre kroatisches Königtum“ in der Galerie Klovičevi Dvori einen faszinierenden Blick in das historische Selbstverständnis des Landes. Den Abschluss markierte ein gemeinsamer Besuch im berühmten Zagreber Konzerthaus Lisinski, wo Klassik und Moderne auf faszinierende Weise miteinander verbunden wurden. Ein großes Dankeschön der österr. Kulturbeauftragte Marina Chrystoph für die Unterstützung unseres Kulturprogramms vor Ort.
An der Reise nahm eine breit aufgestellte parlamentarische Delegation teil: Abg.z.NR Gudrun Kugler (V) als Obfrau der bilateralen Gruppe leitete die Reise, begleitet von Botschafterin Yvonne Tončić-Sorinj. Mitgereist sind zudem Abg.z.NR Maximilian Köllner, MA (S), Abg.z.NR Gertraud Auinger-Oberzaucher (N) und Abg.z.NR Nina Tomaselli (G).
Unsere Reise hat gezeigt, dass wir viel miteinander teilen – Herausforderungen ebenso wie Stärken. Österreich und Kroatien sind Partner, die voneinander profitieren und gemeinsam wachsen können. Dieser erste Besuch in der neuen politischen Periode war ein wichtiger Schritt, um diese Freundschaft weiter auszubauen und neue Schwerpunkte für die kommenden Jahre zu setzen.
Pressemeldungen:
Voditelj Međuparlamentarne skupine prijateljstva Hrvatska – Austrija Marin Živković s članovima skupine primio izaslanstvo Međuparlamentarne skupine prijateljstva Austrija: https://www.sabor.hr/hr/press/priopcenja/voditelj-meduparlamentarne-skupine-prijateljstva-hrvatska-austrija-marin-zivkovic
Predsjednica Odbora za europske poslove Jelena Miloš primila izaslanstvo Međuparlamentarne skupine prijateljstva Austrija: https://www.sabor.hr/hr/press/priopcenja/predsjednica-odbora-za-europske-poslove-jelena-milos-primila-izaslanstvo-0
Hrvatska i Austrija: demografija, suradnja i zajedničke veze: https://mdu.gov.hr/vijesti-4693/hrvatska-i-austrija-demografija-suradnja-i-zajednicke-veze/7405































