Hier mein gestriger Artikel aus dem Profil über den Besuch einer chinesischen Menschenrechtsdelegation im Parlament. Das ausführliche Gesprächsprotokoll sowie den Brief, den ich als Reaktion an die chinesische Botschaft schickte, ist hier zu finden: https://gudrunkugler.at/menschenrechte-erlebnis-mit-einer-chinesischen-delegation/
“Profil” Nr. 28 / 2018 vom 09.07.2018 Seite 18,19 Ressort: Österreich
“Nur mehr 46 Delikte mit Todesstrafe”
Eine chinesische Politikerdelegation diskutierte mit österreichischen Abgeordneten über Menschenrechte – mit skurrilen Eingeständnissen. Wie die staatliche chinesische Nachrichtenagentur “Xinhua” am 14. Juni berichtete, besuchte eine Delegation der China Society for Human Rights Studies vom 11. bis 13. Juni Österreich, angeführt vom Präsidenten der Society, Qiangba Puncog, 71. Herr Qiangba Puncog ist ein einflussreicher Mann. Bis vor Kurzem diente er als einer der Vizepräsidenten des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China. Zu Menschenrechten dürfte Puncog einen gewissen Bezug haben. Er ist ethnischer Tibeter und war von 2003 bis 2010 auch Präsident der Autonomen Region Tibet. In Österreich traf die Delegation mit Volksanwalt Günther Kräuter und Vertretern des Außenministeriums und des Parlaments zusammen. Glaubt man dem “Xinhua”-Bericht, der profil in einer Übersetzung vorliegt, verliefen die Treffen harmonisch. So habe die chinesische Delegation ihren österreichischen Gesprächspartnern auseinandergesetzt, dass “die gesetzliche Verankerung der Menschenrechte laufend auf ein neues Niveau angehoben” werde. China sei “bereit, mit Österreich den Austausch und die Zusammenarbeit im Menschenrechtsbereich zu vertiefen, und gemeinsam eine noch bessere Entwicklung der Menschenrechts-Angelegenheiten in beiden Ländern zu fördern”. Laut “Xinhua” habe die “österreichische Seite die Ergebnis der Entwicklung der Menschenrechte positiv bewertet”. Ganz so rund dürften die Treffen aber nicht verlaufen sein, wie ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler gegenüber profil erklärt. Die Abgeordnete war mit Nikolaus Scherak (NEOS) und Harald Troch (SPÖ) eines von drei Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses des Nationalrats, die am 12. Juni im Parlamentsausweichquartier in der Hofburg ein längeres Gespräch mit der Delegation führten. Laut Kugler habe Puncog eine Stunde über die Situation in China referiert und sei erstaunt gewesen, dass die österreichischen Abgeordneten kritische Fragen stellten. Auf die Frage etwa nach der hohen Zahl an Hinrichtungen in China antwortete Puncog laut Kuglers Protokoll: “Wir drängen die Todesstrafe sukzessive zurück. Wir haben die Todesstrafe von 12 Delikten abgewandt. Es werden derzeit in China nur mehr 46 Delikte mit der Todesstrafe geahndet.” Auch Scherak bestätigt dieses Zitat. Zu Folterungen in China meinte Puncog: “Auch bei euch ist das Folterverbot löchrig, denn in Deutschland gibt es Diskussionen, Terroristen zu foltern.” Zu Minderheitenrechten: “Separatismus ist eine rote Linie, er wird von uns bekämpft.” Zu Religionsfreiheit: “Bei uns gibt es Glaubensfreiheit, aber keine Religionsfreiheit. Wir wollen keine Steuerung aus dem Ausland.” Zu Organentnahmen: “Die Organentnahme von Hingerichteten wurde in China vor einigen Jahren verboten.” Zu Berichten über 240 inhaftierte Menschenrechtsaktivisten: “Bei den genannten Fällen handelt es sich um Kriminalfälle, die die westlichen Medien durch ihre gefärbte Brille als Menschenrechtsfälle präsentieren.” Die ÖVP-Abgeordnete Kugler gegenüber profil: “Wir anerkennen die Fortschritte bei den Menschenrechten in China. Die Darstellung der chinesischen Agentur ist allerdings unvollständig. Wir haben die Delegation offen auf Menschenrechtsverletzungen angesprochen.”
ÖVP-MANDATARIN KUGLER Kritik an chinesischer Minderheitenpolitik