Straßenbenennungen in der Donaustadt: Zivilcourage und Erinnerung
12. Dezember 2018
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In der September-Sitzung der Bezirksvertretung Donaustadt griff unsere Bezirksrätin Gerda Müller meine Vorschläge für die Benennung von neuen Straßenzügen im 22. Bezirk auf. Am 12. Dezember wurde diese Initiative endgültig einstimmig angenommen!

Ich freue mich, dass wir mit der Ehrung der Österreicherin Diana Obexer-Budisavljevic, der es während des Ustascha-Regimes in Kroatien gelang, tausende Kinder aus Todeslagern zu befreien, der polnischen Widerstandskämpferin Irena Sendler, die während der Besetzung Polens 2.500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto schmuggelte, sowie des Zufluchtorts Sosúa für verfolgte Juden während des 2.Weltkrieges in der Dominikanische Republik, ein starkes Zeichen für Zivilcourage und den mutigen Einsatz für die Menschenwürde setzen konnten!

Gleichzeitig sollen diese Straßenbenennungen dazu beitragen, das schreckliche Unrecht nicht zu vergessen, das hinter diesen Geschichten steht: die weitgehend unbekannten Konzentrationslager des Ustascha-Regimes, in denen tausende Mesnchen ermordet wurden; sowie die Brutalität unter dem NS-Regime die besonders im Warschauer Ghetto erschreckende Ausmaße annahm und die Verweigerung der internationalen Staatengemeinschaft während der Konferenz von Évian, die vom NS-Regime geflohenen Juden aufzunehmen.

Diana Budisavljevic (1891–1978) wurde in Innsbruck geboren, heiratete einen kroatisch-stämmigen Serben und zog mit ihm nach Zagreb, wo sie während des zweiten Weltkriegs unter dem Namen „Aktion Diana Budisavljević” humanitäre Hilfe für die Insassen der Konzentrationslager des Ustascha-Regimes organisierte und sich für deren Freilassung einsetzte. Trotz der Gefahr für ihre eigene Familie durch das Ustascha-Regime war Budisavljević so betroffen über die Zustände im KZ Loborgrad, dass sie begann, private Hilfsüter nach Lobor, und später auch in das KZ Gornja Rijeka zu bringen. Nach der Freilassung einiger Frauen und Kinder aus dem KZ Loborgrad kümmerte sie sich um deren Unterbringung und Heimreise. Als Budisavljević von einer größeren Gruppe von Kindern erfuhr, die im KZ Stara Gradiška interniert war, setzte sie sich für deren Freilassung ein, die dann auch durch die Hilfe eines deutschen Offiziers gelang. Auf ähnliche Weise konnten tausende Kinder aus den Lagern Stara Gradiška, Mlaka und Jablanac geholt werden. Insgesamt rette sie Schätzungen zufolge zwischen 12.000 und 15.500 vor allem serbischen Kindern das Leben.

Irena Sendler (1910–2008) war eine polnische Widerstandkämpferin, die im Sozialamt in Warschau arbeitete und dort die Kinder-Sektion des Rats für die Unterstützung der Juden organisierte. Nach der Besatzung Warschaus durch die Nationalsozialisten 1939 nutzte sie ihr Amt, um jüdische Menschen zu retten, indem sie hunderte von Dokumenten fälschte und anstelle von jüdischen polnische Namen eintrug. Als das Warschauer Ghetto 1940 zum Sperrgebiet erklärt wurde, arbeitete Sendler trotz des hohen Risikos auf Ansteckung mit Krankheiten in der Sanitärkolonne, um weiterhin Zugang zum Ghetto zu haben. Gemeinsam mit ihren Helfern rette sie schätzungsweise 2.500 jüdischen Kindern das Leben, die nach der Flucht aus dem Ghetto in polnischen Familien, Klöstern und Waisenhäusern untergebracht wurden. Schließlich wurde Sendler von der Gestapo entdeckt, verhaftet und zum Tode verurteilt. Selbst unter Folter gab sie jedoch die Namen der geschmuggelten Kinder nicht preis. Nachdem sie durch Zahlung von Bestechungsgeldern von der Gestapo freigekauft werden konnte, lebte sie unter falschem Namen bis zum Ende des Krieges im Untergrund.

Sosúa, ein kleiner Ort in der Dominikanischen Republik, war ein Zufluchtsort für verfolgte Juden während des 2. Weltkrieges. Die Dominikanische Republik erklärte sich bei der Konferenz von Évian als einziger Staat dazu bereit, jüdische Flüchtlinge aufzunehmen (mit Ausnahme des französischen Dorfs Le Chambon-sur-Lignon). Jeder Flüchtling erhielt unter der Auflage, sich landwirtschaftlich zu betätigen, 80 Acker Land, zehn Kühe, ein Maultier und ein Pferd. Die von den angesiedelten Juden gegründete Nahrungsmittelindustrie „Productos de Sosua“  war in der Karibik einmalig und ist noch immer in Betrieb.
Siehe auch mein Beitrag zu Sosúa

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2 comments

  1. In der Diana-Budisavljevic-Gasse möchte ich aber trotzdem nicht gern wohnen. Der Name ist zu lang, zu schwer auszusprechen, und wird wahrscheinlich meistens falsch geschrieben werden. Auch auf diese Aspekte sollte man bei Strassenbenennungen Rücksicht nehmen. Bei allem Respekt vor den Verdiensten dieser Frau.

    Vielleicht könnten Sie sich dafür einsetzen, dass in Zukunft bei solchen Strassennamen nur der Nachname (also nicht der Vorname und der akademische Titel) verwendet zerden?

  2. Elisabeth Baumegger

    Liebe Gudrun, liebes Team, ich war gerade in Belgrad und nahm am 22. April 2023 an der Jasenovac-Konferenz des Jasenovac Research Institute teil. Dabei hörte ich den bewegenden Bericht eines Kinderüberlebenden, der von Diana Budisavljevic gerettet wurde. Ich informierte mich daher genauer über die bemerkenswerte Lebensgeschichte dieser Frau. Auf Wikipedia ist beim Eintrag zu Diana Budisavljevic im Zusammenhang mit einer Straßenbenennung in der Donaustadt der obige Artikel verlinkt. Am Stadtplan von Wien finde ich allerdings nur einen Diana-Budisavljevic-Park im 9. Bezirk (https://www.wien.gv.at/stadtplan/). Wurde die Benennung in der Donaustadt (D.-B.-Gasse) noch nicht umgesetzt? Vielen Dank für die Initiative, eine Wiener Gasse nach der Heldin Diana Budisavljevic zu benennen.
    Freundliche Grüße
    Elisabeth Baumegger