Bei der Nationalratssitzung am 24. März wurden spätabends die beiden Lebensschutz-Bürgerinitiativen „Fakten helfen“ und „Fairändern“ behandelt. Deren Forderungen sind u.a. soziale und gesetzliche Verbesserungen bei Konfliktschwangerschaften durch bessere Beratung, Einführung einer Statistik und anonymen Motivforschung sowie eine Bedenkzeit zwischen Anmeldung und Durchführung einer Abtreibung, und schließlich eine Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch.
In der Debatte unterstützten zahlreiche Abgeordnete diese Forderungen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Vertreterinnen der Grünen und der Sozialdemokratie Frauenrechte und den Schutz von ungeborenen Kindern als Widerspruch sehen. Damit verharren sie im Denken der 70iger-Jahre. Sie verschließen den Blick vor der Dimension des betroffenen Kindes und den negativen Langzeiteffekten der verbreiteten Abtreibungspraxis. Außerdem widersprechen sie der UN-Behindertenrechtskonvention und unterschiedlichsten Stellungnahmen der Behindertenvertreter, die in der „eugenischen“ bzw. embryo-pathischen Indikation eine Diskriminierung feststellen.
Das Ziel wäre es stattdessen, gemeinsam an Rahmenbedingungen zu arbeiten, die ein Ja zum Kind ermöglichen; denn das ist die Aufgabe der Politik!
Dazu hier einige Reden, die von Abgeordneten der Volkspartei, der Grünen und der SPÖ gehalten wurden (Link zur Gesamtdiskussion).
In einer Presseaussendung des ÖVP-Parlamentsklubs sprachen sich zahlreiche Abgeordnete für die Umsetzung der in den Petitionen geforderten Initiativen aus und forderten überfällige Verbesserungen zum Schutz von ungeborenen Kindern (siehe unten).
Stimmen aus der Debatte:
NAbg. Dr. Gudrun Kugler, VP-Sprecherin für Menschenrechte, plädierte für einen Blick auf Frauen und Kinder, als nachhaltigen und ökologischen Zugang. Jede Abtreibung ist eine zu viel: https://www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&ITYP=NRSITZ&INR=89&DEBATTE=8&TS=1616620234
NAbg. Kira Grünberg, VP-Sprecherin für Menschen mit Behinderungen, sprach sich für die von UNO sowie Behindertenverbänden geforderte Abschaffung der sog. eugenischen Indikation aus, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellt: www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616620088
NAbg. Mag. Carmen Jeitler berichtete über ihre persönliche Erfahrung als junge ungewollt Schwangere:
www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616619659
NAbg. Mag. Wolfgang Gerstl, Betreuungsmandatar der Aktion Leben, betonte die Notwendigkeit umfassender Unterstützung für schwangere Frauen und plädierte für einen wertschätzenden Diskurs:
www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616619793 (Ab Min 01:29)
NAbg. Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller, VP-Frauensprecherin, wies darauf hin, dass Österreich zu den wenigen europäischen Ländern gehört, die noch keine Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen hat, und erklärte, dass aufgrund eines Dissens mit dem Koalitionspartner nur eine Kenntnisnahme möglich sei, jedoch die ÖVP alles in ihrer Macht stehende tun werde, die Forderungen der Bürgerinitiativen soweit möglich umzusetzen: www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616617139 (Ab Min 01:39)
Die Reaktion der Grünen und der SPÖ entsprachen erwartungsgemäß dem Diskussionsstand der 70iger-Jahre:
NAbg. Meri Disoski: www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616619121
NAbg. Agnes Prammer: www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616620464
NAbg. Petra Bayr: www.parlament.gv.at/MEDIA/play.shtml?GP=XXVII&INR=89&INR_TEIL=1&ITYP=NRSITZ&DEBATTE=8&TS=1616620646
OTS des VP-Parlamentsklubs: VP-Abgeordnete fordern überfällige Verbesserungen zum Schutz von ungeborenen Kindern
Wien (OTS/ÖVP-PK) – Am 24. März wurden mehrere Bürgerinitiativen zum Schutz des Menschen am Anfang des Lebens im Parlament zur Kenntnis genommen. Elisabeth Pfurtscheller, Frauensprecherin des VP-Parlamentsklubs, erklärt dazu, dass die Einführung sogenannter flankierender Maßnahmen, wie sie in fast allen europäischen Ländern Standard sind, überfällig ist. Die Abgeordnete erklärt: „Wir werden es auch nach der koalitionsbedingten Einstellung der Bürgerinitiativen weiterhin als unsere Aufgabe ansehen, im Rahmen unserer Möglichkeiten und im Rahmen dessen, was im jetzigen Regierungsprogramm vereinbart wurde, an der Umsetzung von Unterstützungsmaßnahmen für Frauen in Schwangerschaftskonflikten zu arbeiten.“
Die Behindertensprecherin der ÖVP, Kira Grünberg, sagt: „Wie schon in der UN-Behindertenrechtskonvention festgehalten wurde, ist die Wertung des ungeborenen Lebens nur aufgrund einer zu befürchtenden Behinderung eine Ungleichbehandlung, die abzulehnen ist. Ein Mensch mit Behinderung ist kein Schadensfall der Medizin oder Randerscheinung der Gesellschaft. Wir treten auch im Rahmen der Fristenregelung für den Schutz von Menschen mit Behinderung ein.“
Die niederösterreichische Abg. z. NR und Sprecherin für SDGs, Carmen Jeitler-Cincelli, war selbst betroffen: “Eine ungeplante Schwangerschaft bringt eine lebensentscheidende Situation mit sich, in der viele Frauen ganz alleine sind. Aus meiner höchstpersönlichen Lebensgeschichte heraus unterstütze ich das Anliegen einer verpflichtenden Bedenkzeit vor einem Schwangerschaftsabbruch. Außerdem braucht es eine umfassendere psychosoziale Beratung: Nur gut informiert trifft man gute Entscheidungen. Schwangerschaftsabbrüche haben ja auch oft langfristig psychische Spätfolgen. Daher braucht es endlich eine Motivforschung, um hier die Rahmenbedingungen zu verbessern.“
Für ÖVP-Familiensprecher Norbert Sieber sind „Lebensschutz, Menschenrechte und Frauenrechte KEIN Widerspruch. ‚Fairändern‘ und ‚Fakten Helfen‘ kämpfen für beide, Mutter UND Kind!“ „Deshalb unterstütze ich die Bürgerinitiativen aus ganzem Herzen und voller Überzeugung,“ so der Vorarlberger.
Auch die VP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler (Wien) unterstützt die Bürgerinitiativen: „Jede Abtreibung ist eine zu viel. Politik soll ein Ja zum Kind ermöglichen. Darum danke ich den Initiatorinnen der Bürgerinitiativen. Wir werden uns trotz aller teils unverständlichen Widerstände weiterhin für eine Umsetzung dieser Forderungen einsetzen. Wir werden im Sinne der Bürgerinitiativen unser Engagement für Frauen, geborene und ungeborene Kinder und Familien fortsetzen.“
Die Bürgerinitiative „Fakten Helfen“, eingebracht von der Aktion Leben, wurde von 59.211 Menschen unterstützt. Gefordert wird eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und deren jährliche Veröffentlichung sowie eine regelmäßige wissenschaftliche, anonyme Erforschung der Motive für Schwangerschaftsabbrüche als Basis für Prävention und bedarfsgerechte Hilfen. Dazu der Ansprechpartner der Aktion Leben im VP-Parlamentsklub, Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl: „Eine wirksame Prävention und Unterstützung braucht evidenzbasierte Programme. Dazu benötigen wir seriös erhobene Informationen anstatt Schätzungen.“
Die Bürgerinitiative „fairändern“, erstunterzeichnet von der Leobener Schuldirektorin Petra Plonner, wurde von 61.171 Menschen unterstützt. Gefordert werden soziale und gesetzliche Verbesserungen bei Konfliktschwangerschaften durch Statistik und anonyme Motivforschung (zu Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich), sowie eine Bedenkzeit zwischen Anmeldung und Durchführung einer Abtreibung, und schließlich eine Informationskampagne über Adoption/Pflege als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch. Ein Ende der Diskriminierung von ungeborenen Kindern mit Behinderung soll durch ein breitgefächertes Beratungs- und Unterstützungsangebot sowie die Abschaffung der Möglichkeit, Kinder mit Behinderung bis zum Einsetzen der Wehen abzutreiben, erreicht werden.
(Schluss)
Rückfragen & Kontakt:
Pressestelle des ÖVP-Parlamentsklubs
01/40110/4436
http://www.oevpklub.at
Stellungnahmen von UNO und Behindertenverbänden:
In seinen abschließenden Empfehlungen (Concluding Observations) zur UN-Behindertenrechtskonvention an Österreich hat der UN-Ausschuss für die Behindertenrechtskonvention Österreich 2013 folgendes empfohlen:
„15. The Committee recommends that the State party abolish any distinction, allowed by law, in the period within which a pregnancy can be terminated based solely on disability.”
Stellungnahme Verein RollOn Austria Obfrau Marianne Hengl:
„Ein Mensch mit Behinderung ist kein Schadensfall der Medizin oder Randerscheinung der Gesellschaft. In dieser Diskussion geht es um vollwertige Menschen, dessen Persönlichkeiten und das „Anders-Sein” sichtbarer ist als bei sogenannten „gesunden Menschen”. (…) Wünschenswert ist, dass unterstützt durch ein breites Bekenntnis der Bevölkerung „für das behinderte Leben” die Entscheidungsträger dieses Landes rechtliche Regelungen und Rahmenbedingungen verbessern, um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.“
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/SBI/SBI_00062/index.shtml
Links zu den Bürgerinitiativen:
Fairändern: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/BI/BI_00006/index.shtml
Fakten helfen: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/BI/BI_00031/index.shtml