Rede zum Thema Hilfe bei Konfliktschwangerschaften im Bereich Gesundheit während der Budgetvoranschlagsdebatte 2017 am 12.12. 2016 von Dr. Gudrun Kugler
Hier zum Youtube-Link: https://www.youtube.com/watch?v=atgZJrmpotg (ca. 7 min)
Hier die ablehnende Antwort der Gesundheitsstadträtin Wehsely: https://www.youtube.com/watch?v=Ve25SfAT4gY (ab min 3:26)
Hier der Text der Rede:
Heute spreche ich über Konfliktschwangerschaften:
Wir haben vor einem halben Jahr im Gesundheitsausschuss nach einem Konsens gesucht und uns darauf geeinigt, dass es auch für die Sozialdemokratie, eine Abtreibung nicht erstrebenswert ist und alles getan werden soll, damit sich eine Frau nicht durch die Umstände gezwungen fühlt, abtreiben zu lassen.
Das ist auch, was Bruno Kreisky 1974 meinte: „Man muss alles tun, um im Bereich der Politik diesen ganzen Paragraphen so obsolet zu machen, wie dies mit den Mitteln der Politik, der Psychologie und auch der Moral nur geht, um die Frau zu veranlassen, dass sie dann, wenn sie empfangen hat, das Kind behält.”
Von den Grünen kam zu dieser Debatte nicht so viel Substantielles – außer der Einwurf „Jede Frau hat ein Recht auf ihren Körper“ – ja, schon, aber bei einer Abtreibung handelt es sich um einen anderen Körper!
Um das Thema Konfliktschwangerschaften anzusprechen, müssen wir uns von alten Ideologien lösen:
Für diesen Konsens brauchen wir uns die Frage nach bundesgesetzlichen Regelungen nicht stellen. Ich möchte meine Kolleginnen und Kollegen bitten, hier die Scheuklappen abzulegen.
Helfen: Wir wollen alles tun, dass sich keine Frau, kein Paar gezwungen fühlt, aufgrund äußerer Umstände abzutreiben. Dazu habe ich einige Anträge mitgebracht:
➢ Entgegenkommen in der Reihung von schwangeren Frauen in Krisensituationen beim Sozialen Wohnbau
➢ Gesonderter Einrichtungszuschuss für sozial bedürftige Schwangere – eine Art „Kinderzimmerzuschuss“ – Analog zum Einrichtungszuschuss in der Mindestsicherung
➢ (Kostenfreie) Entbindung für nicht-versicherte Frauen auch in Krankenhäusern des KAV (Betroffen sind zB junge Menschen in Übergangssituationen, Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen – Schwarz beschäftigte; Alleinerzieherinnen; Frauen in Mitversicherung nach einer Scheidung, Arbeitslose, die die Mindestsicherung nicht annehmen wollen als Scham.) Eine Sprecherin der Diakonie meinte, dass die Zahlen der Nicht-Versicherten rasant ansteigen.
➢ Der Wiener Gemeinderat möge sich für eine Unterstützung des Vereins „aktion leben“ sowie anderer Organisationen aus, die Hilfe für Schwangere in Konfliktsituationen anbieten, aussprechen.
➢ Die zuständigen Stellen der Stadt Wien mögen sich beim Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds (WAFF) dafür einsetzen, dass dieser eine eigene Anlaufstelle einrichten möge, die ausschließlich für die Berufs- und Ausbildungsberatung für schwangere Frauen in einer beruflichen und wirtschaftlichen Notlage spezialisiert ist.
➢ Der Wiener Gemeinderat spricht sich für die Einführung eines speziellen Hilfsfonds der Stadt Wien für Schwangere in Krisensituationen aus. Dieser Hilfsfonds soll – ausreichend dotiert und mit klaren Vorgaben ausgestattet – für eine rasche und unbürokratische Unterstützungsleistungen insb. zum Lebensunterhalt, zur Schaffung und Sicherung der Existenzgrundlage in ausgewiesenen Konfliktschwangerschaftsfällen verbunden mit sozialer bzw. finanzieller Notlage sorgen. Solche Hilfsfonds gibt es zB in Bayern, in Liechtenstein und in Kärnten. Warum ist das notwendig: Familienhärteausgleichsfonds: Schwangerschaft gilt nicht als „eine unverschuldete, existenzbedrohende Notlage oder Notlage durch ein besonderes Ereignis“ – Voraussetzung für Antragsberechtigung ist daher nicht gegeben. Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe: greifen erst nach der Geburt, reichen oft nicht aus. Wochengeld, frühzeitiges Wochengeld: hängt von vorhergehender Beschäftigung ab. Die Anträge auf Förderung durch einen öffentlichen Hilfsfonds sollten durch die auf Schwangerschaftskonfliktberatung spezialisierten Familienberatungsstellen gestellt werden.
Wir sollten auch über die Beratung sprechen, und über die Willkommenskultur für unsere Kinder sowie die Ausbeutung von Frauen in der Reproduktionsmedizin. Aber dazu das nächste Mal.
Ich hoffe auf eine ideologiefreie Debatte und ein gemeinsames Vorgehen für Frauen in Konfliktschwangerschaften.
Hier die Anträge im Wortlaut:
beschlussantrag-anlaufstelle-im-waff-fuer-schwangere-frauen-in-einer-beruflichen-und-wirtschaftlichen-notlage
beschlussantrag-betreffend-aktion-leben-u-a
beschlussantrag-hilfsfonds-fuer-schwangere-in-sozialen-krisensituationenbeschlussantrag-unterstuetzung-fuer-schwangere-in-krisensituationen
Ergebnis der Abstimmung: Nur die FPÖ stimmte meinen Anträgen zu. Ich bin enttäuscht, dass die Rot-Grüne Stadtregierung kein Interesse daran hat, Frauen und Paaren im Schwangerschaftskonflikt konkret zu helfen. Von der Stadt Wien werden schwangere Frauen allein gelassen, weil man Angst hat, durch die Hilfe die Abtreibung selbst in Frage zu stellen. Damit wird man den Betroffenen nicht gerecht. Wer bei den Wiener Sozialwohnungen vorgemerkt ist, kann aufgrund von Krankheit vorgereiht werden – nicht aber aufgrund von Schwangerschaft. Der Online-Frauen-Ratgeber der Stadt Wien enthält zur Suchanfrage Schwangerschaftskonflikt „keine Einträge“. Mindestsicherungsempfänger können einen Einrichtungszuschuss für Anschaffungen wie etwa einen Kühlschrank bekommen, bedürftige Schwangere aber keinen Zuschuss für die Einrichtung des Kinderzimmers. Das sind untragbare Zustände und ein Armutszeichen für eine Stadt wie Wien.
Dazu hier eine kathPress-Meldung: https://www.kathpress.at/goto/meldung/1452051/stadt-wien-verwehrt-aktion-leben-weiter-unterstuetzung
Die Meldung des IEF der BIKO:
http://ief.vivolum.net/content/site/artikel/article/822.html