Geschichte lebendig halten – Exkursion: Auf den Spuren der Sudetendeutschen
6. September 2021
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Vergangenen Samstag lud ich zu einer Exkursion mit dem Heimatvertriebenenexperten Dr. Fritz Bertlwieser in die oberösterreichisch-tschechische Grenzregion ein, aus der auch meine eigene Familie stammt und vertrieben wurde. Eine spannende Erkundungstour, die die Geschichte der Sudentendeutschen ganz neu lebendig machte. Dazu hier einige Eindrücke sowie unsere Presseaussendung:

Auf den Spuren der Sudetendeutschen: Exkursion mit ÖVP-Vertriebenensprecherin Kugler und Heimatvertriebenen-Experten Dr. Bertlwieser in der österreich-tschechischen Grenzregion
Kugler: Die Geschichte lebendig halten

Unter dem Titel „Auf den Spuren der Sudetendeutschen“ lud die ÖVP-Vertriebenensprecherin NAbg. Dr. Gudrun Kugler gemeinsam mit dem Heimatvertriebenen-Experten DDr. Fritz Bertlwieser am 4. September 2021 zu einer Exkursion in der oberösterreichisch-tschechischen Grenzregion ein. Gudrun Kuglers Fazit nach dem Besuch zahlreicher sudetendeutschen Stätten: „Meine Generation weiß viel zu wenig über die Vertreibungen deutschsprachiger Minderheiten aus den Nachbarländern. Wir müssen die Geschichte lebendig halten! Vor Ort empfindet man Ohnmacht gegenüber der geschehenen Ungerechtigkeit und Trauer über das Leid der Menschen und über die sinnlose Zerstörung teils 800-Jahre alter Dörfer und Dorfgemeinschaften.“

Nach einem Empfang der Bürgermeisterin von St. Oswald, Heidemarie Silber, besichtigte die rund 40-köpfige Gruppe unter der Leitung von Dr. Bertlwieser die Überreste sudetendeutscher Dörfer und Friedhöfe bei Berneck und Deutsch Reichenau. Bürgermeisterin Silber stellte die Bedeutung der Region in den Vordergrund: „St. Oswald war für die Sudentendeutschen ein wichtiger Bezugspunkt. Bei uns gibt es das am besten erhaltene Stück des Schwemmkanals, der für die Sudentendeutschen eine wichtige Lebensgrundlage darstellte. Von der sudentendeutschen Gedenkstätte aus überblickt man jene Stellen, an denen die ausgelöschten Dörfer ursprünglich lagen. Darum freut es mich, dass wir diese österreich-umspannende Gruppe willkommen heißen konnten.“

Besonders bewegend war für die Teilnehmer die Besichtigung des Schutthügels der Pfarrkirche Deutsch Reichenau mit ihrem zerstörten Friedhof. Die Pfarre Deutsch Reichenau mit ihren 16 Dörfern und rund 430 Häusern war bis 1919 rein deutschsprachig. Nach der Vertreibung sämtlicher rund 2.200 Pfarrbewohner 1946-1948 wurden in den 1950er Jahren alle Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. Auch die Pfarrkirche Deutsch Reichenau wurde 1959 als letztes Gebäude gesprengt und der daran angrenzende Friedhof mit Bulldozern verwüstet. Die Spuren dieser Zerstörung erinnern auch heute noch an das schreckliche Unrecht, das den Sudetendeutschen widerfahren ist. Die Region ist heute verwildert und menschenleer.

ÖVP-Vertriebenensprecherin NAbg. Kugler, die selbst von einer sudetendeutschen Familie aus Berneck in der tschechischen Grenzregion abstammt, erinnert sich: „Das ehemalige Haus meiner Familie, von dem nur noch ein Kellereingang mitten in der Wildnis zu sehen ist, mit den Vertretern der Heimatvertriebenenverbände und unseren Gästen besuchen zu dürfen, ist für mich ein besonderes Erlebnis und Ausdruck unserer Erinnerungskultur. Solche Orte erinnern uns daran, dass jeder und jede der über drei Millionen vertriebenen Sudetendeutschen eine ganz eigene Geschichte, Familie und Schicksal hatte. Diese Geschichten dürfen wir nicht vergessen!“

Für die Weitergabe des Wissens um die Geschichte der Heimatvertriebenen setzt sich Kugler auch auf politischer Ebene ein: „Mein Anliegen ist, dass die Heimatvertriebenen nicht auch noch aus der Geschichte vertrieben werden. Geschichtsunterricht und Geschichtsbücher sollen die Geschehnisse gemäß ihrer historischen Bedeutung adäquat darstellen!“

Auf dem Programm der Exkursion standen außerdem eine Besichtigung der geretteten Wallfahrtskirche St. Thoma bei Wittinghausen sowie eine Wanderung auf die Ruine Wittinghausen mit Blick auf Österreich, Deutschland und Tschechien.

Unter den Teilnehmern fanden sich neben Vertretern aus der Lokalpolitik auch einige Obleute des Verbands der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ) wie der 2. Vize-Präsident Ing. Dieter Lütze sowie die Vorsitzenden der sudentendeutschen Landsmannschaften in Oberösterreich, Peter Ludwig, und St. Pölten, Franz Schaden.

Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210906_OTS0027/kugler-die-geschichte-lebendig-halten

Ehrung des oö. Landesobmanns Peter Ludwig – im Bild mit Dr Bertlwieser, Gudrun Kugler, Bürgermeisterin Heidi Silber, 2. VLÖ Vize Präsident Lütze – Wir gratulieren herzlich!
Ein Loch im Boden in der tschechisch-österreichischen Grenzregion führt in den Keller meiner Großeltern. 1946 vertrieben, zehn Jahre später wurde das Haus geschleift. Der Keller wurde dabei übersehen.
Im großelterlichen Keller
Blick über den tschechischen Moldau-Stausee und den Böhmerwald
Überreste des geschliffenen Friedhofs von Deutsch Reichenau
Rundblick bei der Ruine Wittinghausen über Österreich, Tschechien und Deutschland

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4 comments

  1. Nie vergesen:
    Die Benes Dekrete sind noch immer Rechtsbestand der EU da Tschechien bis heute nicht aufgehoben hat…

  2. Danke für die wunderbare Exkursion und die schönen Bilder. Am meisten hat mich das Bild mit dem Text “Überreste des geschliffenen Friedhofs in Deutsch Reichenau” berührt.
    Herzliche Grüsse
    Dieter Lütze

  3. Sehr geehrte Frau Dr. Kugler,
    der Bericht und die Fotos sind sehr bewegend. Was Menschen alles anrichten! Selber bin ich sehr geschichtsinteressiert und habe mich durch das Lesen des Briefes des Apostel Paulus an die Römer mit dem Verhältnis Juden-Christen stark auseinandergesetzt und mit unserer Vergangenheit der letzten 100 Jahre.
    Gottes Segen für Ihre Arbeit im Nationalrat wünsche ich Ihnen,
    Mit freundlichen Grüßen
    Karl Schauer

  4. Kerstin Stracke-Weiß

    Ich finde es großartig, dass Gudrun Kugler die Hand in diese traurigen Kapitel der Geschichte legt. Die Vertreibung der deutschen Minderheiten nach dem 2. Weltkrieg verdient tatsächlich viel mehr Erinnerungskultur, als ihr heute im allgemeinen zukommt. – Danke fürs Erinnern. Bin das Enkelkind von vertriebenen Sudetendeutschen und sehr an ein Ansprechen des Unheils, das meinen Vorfahren widerfuhr, interessiert. – Hätte auch gerne an der Exkursion teilgenommen.