OSZE PV Delegationsreise nach Lesbos
25. März 2022
0
Von 20.-22. März nahm ich an einer Delegationsreise der parlamentarischen Versammlung der OSZE nach Lesbos und Samos teil. Hier einige Eindrücke von unseren Begegnungen und der Situation vor Ort (einen ausführlichen Bericht finden Sie ganz unten):
 
Das Lager Mavrovouni ist das einzige verbleibende Lager auf Lesbos. Mit internationaler Hilfe hat die griechische Regierung ein gut organisiertes Lager daraus gemacht – mit einer Sektion für Familien (links), einer für Männer (Mitte) und einer für vulnerable Menschen.
 
Wir haben gemauerte Abwassergräben, isolierte Container, Spiel- und Sportplätze, ein Ärztezentrum, Kindergärten uvm. hier gesehen. Insgesamt leben hier 1700 Menschen, die meisten aus Afghanistan und Somalia.
Im persönlichen Gespräch erzählen uns die Menschen aus Somalia von ihrem Schicksal und der Situation vor Ort.
 
Grundsätzlich lässt sich zur Lage der Flüchtlingslager in Griechenland folgendes festhalten:
  • Die Situation in den Lagern hat sich um ein Vielfaches verbessert.
  • Es kommen deutlich weniger Migranten in Griechenland an. Die Lager sind nicht ausgelastet.
  • Durch die internationale Aufmerksamkeit entstand Einseitigkeit, Lesbos hatte viel mehr Geld zur Verfügung als andere Lager.
  • Während sich nun nicht mehr viele um die Migranten auf Lesbos kümmern, betreibt die österreichische Regierung mit Alleinstellungsmerkmal dort ein Betreuungs- und Schulprojekt, das den betroffenen Kindern einen Weg ins Leben eröffnet.
  • Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Kriegsvertriebenen aus der Ukraine und den meisten Einwanderungswilligen in Griechenland zu sehen: Die Ukrainer reisen legal ein, haben Dokumente mit, brauchen vorübergehenden Schutz und als Fast-Nachbarn haben wir eine besondere Verantwortung für sie. Die Migranten an den griechischen Außengrenzen suchen oft eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen, haben meist keine Dokumente, ihre Herkunft ist teils unklar, der Grenzübertritt ist illegal und sie suchen um Asyl an, was ein deutlich komplizierteres Verfahren zur Folge hat. Es ist außerdem weitaus leichter, Ukrainer in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt zu integrieren.
  • Der österreichische Ansatz von starker Hilfe vor Ort, geschützten Grenzen gepaart mit der humanitären Überzeugung, Menschen am Weg zu schützen und würdig zu begegnen, ist sicherlich sinnvoll.
 

Am 21. März besuchte ich das von Österreich finanzierte SOS Kinderdorf Schul- und Betreuungsprojekt auf Lesbos: Hier lernen die Kinder Englisch, Griechisch, Mathematik, sie basteln und gestalten und werden auf die Regelschule vorbereitet.
In kleinen Gruppen werden die Kinder auch individuell gefördert (im Bild ein afghanischer Bub beim Englisch lernen).
Sakiba ist die kleine Künstlerin des Projekts (im Bild zu erkennen an der gelben Jacke) – ihr Name bedeutet “Geduld”.

13 der 14 Mitarbeiterinnen des Kinderdorf-Projekts wie auch Projektmanagerin Jana kommen direkt aus Lesbos: Maira ist Psychologin, leider viel zu oft im Einsatz. Chrysa kümmert sich um die ganz Kleinen, die mit Farben und Ziffern beginnen.

Liana ist die Managerin – sie brachte mich danach ins Camp Mavrovouni.

Ein wunderbares und einzigartiges Projekt, das vielen Kindern durch Bildung und Zuwendung Perspektiven für ihr Leben schenkt!

Am 22. März besuchten wir das Lager auf Samos. Hier einige Eindrücke:

Einen ausführlichen Bericht über die Eindrücke vor Ort in Form einer Presseaussendung gibt es hier nachzulesen:

ÖVP-Menschenrechtssprecherin Kugler besucht Flüchtlingslager auf Samos und Lesbos mit der parlamentarischen Versammlung der OSZE

Verbesserte Situation. Österreichische Hilfe vor Ort mit Alleinstellungsmerkmal.

Wien (OTS) – Mit einer Delegation der parlamentarischen Versammlung der OSZE (OSZE-PV) besuchte ÖVP-Menschenrechtssprecherin Dr. Gudrun Kugler die Flüchtlingslager auf Samos und Lesbos in Griechenland. Als stellvertretende Vorsitzende des Migration Committees der OSZE-PV war Kugler bereits zuvor in die Planungen dieser Reise involviert gewesen. Auf dem Programm standen neben Besuchen der Lager Mavrovouni auf Lesbos und Zervou auf Samos zahlreiche Gespräche mit lokalen Politikern, Lager-Verantwortlichen, vor Ort tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Asylwerbern und –berechtigten.

Außerdem besuchte Abg. Kugler das österreichische SOS Kinderdorf Schul- und Betreuungsprojekt auf Lesbos. „Während sich nun nicht mehr viele um die geflüchteten Menschen auf Lesbos kümmern, betreibt die österreichische Regierung dort ein Betreuungs- und Schulprojekt, das den betroffenen Kindern einen Weg ins Leben eröffnet“, betont Kugler das Alleinstellungsmerkmal des Projekts und lobte die dort tätigen Mitarbeiterinnen für ihren wertvollen Einsatz. Neben einer Managerin und verschiedenen Lehrkräften sei auch eine Psychologin vor Ort tätig. 13 der 14 Mitarbeiterinnen des Kinderdorf-Projekts kämen direkt aus Lesbos. „Hier lernen die Kinder Englisch, Griechisch, Mathematik, sie basteln und gestalten und werden auf die Regelschule vorbereitet. In kleinen Gruppen werden die Kinder auch individuell gefördert“, so Kugler. Als nächster Schritt ist eine Bibliothek im Lager Mavrovouni geplant.

Was die Situation in dem neuen Lager „Mavrovouni“ auf Lesbos betrifft, berichtete Kugler von deutlich verbesserten Zuständen: „Das berüchtigte Lager Moria, das 2019 abgebrannt ist, sowie die Nachfolgecamps „Karatepe“ gibt es längst nicht mehr. Heute steht an ihrer Stelle ein modernes Lager, das die griechische Regierung mit internationaler Hilfe errichtet hat.“ Derzeit beherberge das Lager „Mavrovouni“ 1.982 Menschen, was nur ein Bruchteil seiner Kapazität sei. Bei etwa zwei Drittel der Bewohner handle es sich um Männer, etwa 64 Prozent stammten aus Afghanistan, 15 Prozent aus Somalia und ein weiterer beträchtlicher Teil aus dem Kongo. Das Lager sei gut organisiert mit einer Sektion für Familien, einer für Männer und einer für vulnerable Menschen. „Als Delegation bekamen wir unter anderem gemauerte Abwassergräben, isolierte Container, Spiel- und Sportplätze, ein Ärztezentrum und Kindergärten zu sehen. Sogar ein „Nutrition Committee“ gibt es im Lager, das für die Essensversorgung zuständig ist“, berichtet Kugler. „Als noch bestehende Hauptschwierigkeit im Lager wurde uns die Stromversorgung genannt, da die Stromgeneratoren manchmal für ein paar Stunden ausfallen.“ Das Lager soll in 18 Monaten durch ein anderes EU-finanziertes Lager im Landesinneren ersetzt werden.

Durch die internationale Aufmerksamkeit sei 2019 eine gewisse Schieflage entstanden, berichtet Kugler weiter. „Das Lager Karatepe auf Lesbos hatte nach dem Brand von Moria 25 Millionen Euro für 600 Menschen zur Verfügung, für alle anderen gab es insgesamt 100 Millionen Euro, erklärte uns der Generalsekretär der Migrationsbehörde Manos Logothetis.“

Das Lager Zervou auf Samos, das die Delegation ebenfalls besuchte, ist ein neu erbautes, modernes Lager im Landesinneren. Derzeit sei das Lager nur zu zehn Prozent ausgelastet (300 von 3000 Plätze sind belegt). Aus den Gesprächen mit den Bewohnern des Lagers berichtete Kugler: „Die Leute sagten uns, dass sie zufrieden seien und es ein gutes Miteinander der unterschiedlichen Nationalitäten und Mitarbeitern gäbe.“

Auch die generelle Lage auf den griechischen Inseln habe sich weitgehend entspannt, auch wenn die schwierigen Jahre 2015-2020 den Menschen hier immer noch bleibend in Erinnerung seien. „Damals kamen in der Stadt Samos 10.000 Migranten auf 6.000 Einwohner. Man muss bedenken, was dies für die lokale Bevölkerung bedeutete“, so Kugler nach Gesprächen mit den Ortseinwohnern. Den Vorwurf, dass sich Österreich nun in der Aufnahme von Ukrainern engagierte, ließ Kugler aber nicht gelten, denn: „Hierbei handelt es sich um akute Nachbarschaftshilfe für Menschen, die legal und mit gültigen Papieren nach Österreich einreisen.“

„Derzeit kommen kaum Flüchtlingsboote an, vielleicht ein bis zwei pro Woche, so die Menschen vor Ort“, berichtet Kugler über die aktuelle Situation auf den Inseln. „Tragischerweise wurden letzte Woche sieben Leichen am Strand von Lesbos gefunden, ohne Dokumente, ohne Boot. Man weiß nicht, was passiert ist.“ Durch die Zusammenarbeit von Frontex mit den türkischen Behörden habe sich aber auch die Gefahrenlage deutlich verbessert und es seien weniger Unfälle und Ertrunkene verzeichnet worden. Die Küstenwache auf Samos leiste laut Kugler gute Arbeit und hätten bereits „tausende Menschenleben“ gerettet, wie der Delegation berichtet wurde. Allerdings werde das nicht immer honoriert. „Die Mitarbeiter der Küstenwache fassten uns die Situation so zusammen: ‚Wenn wir die Grenzen nicht schützen, sind wir verantwortlich für jene, die ertrinken. Wir versuchen unsere Arbeit so gut wie möglich zu machen und schützen dadurch die Grenze der Europäischen Union. Und dafür nennen einige uns dann rassistisch.‘“

Als Menschenrechtssprecherin sieht Kugler ein beträchtliches Problem durch die Menschenhändler und Menschenschmuggler, die mit Menschenleben spielten, indem sie die Flüchtlinge und Migranten in unsichere Boote setzten, diese dann vielleicht noch auf halbem Weg versenkten, um eine Rettung durch die griechische Küstenwache zu erzwingen – einfach um Geld damit zu verdienen. „Das ist menschenrechtswidrig und muss mit allen Mitteln bekämpft werden“, so Kugler.

Berechtigte Kritik gegenüber Griechenland sieht Kugler in Bezug auf die Integration von Asylberechtigten in das Sozialsystem und den Arbeitsmarkt: „Wer Asyl bekommt, wird griechischen Sozialhilfeempfängern gleichgestellt. Allerdings gibt es kaum Integrations- und Vermittlungsmaßnahmen und die Sozialhilfe reicht oft nicht.“

Gleichzeitig räumte Kugler ein, dass einige der NGOs vor Ort durch ihre politische Ausrichtung ein einseitiges Bild der Situation vermittelten. „Im Gespräch berichteten uns die griechischen Lokalpolitiker, dass die meisten NGOs politisch stark links ausgerichtet seien und am liebsten gar keine Grenzen hätten“, so Kugler. „Auch in meinen eigenen Gesprächen erlebte ich, dass NGOs Verbesserungen, die im Camp auf Lesbos geschehen sind, abstritten und eine ,freie Länderwahl‘ der Migranten forderten. Das ist nicht mein Verständnis von gerechter Asylpolitik“, so Kugler.

Als Kritikpunkt sieht Kugler die Situation von Menschen, die „aus dem Asylsystem fallen“. Die griechischen Behörden beurteilten in Einzelfällen die Türkei als sicheres Herkunftsland. Das Problem dabei sei, dass die Türkei sich aufgrund von COVID weigere, die Betroffenen zurückzunehmen. Diese hätten dann in Griechenland kein Asylverfahren, bekämen aber auch (derzeit) keines in der Türkei. „Diese Situation ist ungelöst. Da es derzeit auch kaum Rückführungen gibt, fallen auch abgelehnte Asylwerber aus dem System. Je nach der Policy des jeweiligen Lagers dürfen diese Menschen im Lager bleiben, wo das nicht erlaubt wird, kann es Obdachlosigkeit und Untertauchen bedeuten.“

Aus den Gesprächen mit den Menschen in den Lagern berichtete Kugler abschließend, dass die meisten angaben, mit der Situation in den Lagern zufrieden zu sein. „Gleichzeitig sind die Menschen aber in Sorge um ihre Zukunft“, so Kugler. Außerdem müsse man weiterhin in die fachliche Betreuung von traumatisierten Menschen, insbesondere Kindern investieren. „Ich freue mich, dass Österreich hier durch das SOS Kinderdorf Projekt vor Ort einen wesentlichen Beitrag leistet.“

Zusammenfassend betonte Kugler: „Der österreichische Ansatz von starker Hilfe vor Ort, geschützten Grenzen gepaart mit der humanitären Überzeugung, Menschen am Weg zu schützen und würdig zu begegnen, hat sich durch meinen Besuch vor Ort bestätigt.“ (Schluss)

Quelle: ÖVP-Menschenrechtssprecherin Kugler besucht Flüchtlingslager auf Samos und Lesbos mit der parlamentarischen Versammlung der OSZE | ÖVP Parlamentsklub, 25.03.2022 (ots.at)

Weitere Artikel:

Zur Sache:

Presseaussendung der OSZE PV: Visiting Greece, OSCE parliamentarians assess accommodations for migrants and efforts to care for most vulnerable

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.